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Akne inversa, auch als Hidradenitis suppurativa bezeichnet, ist eine chronisch-entzündliche Hauterkrankung, die oft unterdiagnostiziert bleibt und den Betroffenen einen langen Leidensweg beschert. Die Erkrankung ist durch schmerzhafte Knoten, Abszesse und Fisteln gekennzeichnet, die in den großen Hautfalten auftreten wie zum Beispiel deb Achselhöhlen oder Leistenbeugen. Oft wird sie als oberflächliche Hauterkrankung angesehen, strenggenommen ist sie jedoch eine systemische Erkrankung, weil sie nicht nur auf die Haut beschränkt ist, sondern verschiedene Körpersysteme betrifft. Trotz erheblicher Fortschritte im Verständnis des Entstehungsmechanismus bleibt die Diagnose oft über Jahre verzögert, was die Lebensqualität der Betroffenen erheblich beeinträchtigt.
Häufigkeit der Akne inversa
Akne inversa betrifft etwa 1% der Allgemeinbevölkerung, wobei eine hohe Dunkelziffer vermutet wird, was an häufigen Fehldiagnosen und einer verzögerten korrekten Diagnosestellung liegen dürfte. In Deutschland leiden geschätzt rund 830.000 Menschen an Akne inversa. Die Erkrankung macht sich typischerweise nach der Pubertät und bei jugendlichen Erwachsenen bemerkbar, kann aber auch bei Kindern und älteren Menschen auftreten. Eine Studie hat ergeben, dass Patienten im Durchschnitt mit 24,6 Jahren die ersten Symptome zeigen, jedoch erst im Alter von 34,6 Jahren die richtige Diagnose gestellt bekommen. Eine genetische Veranlagung spielt eine Rolle, da etwa 40% der Patienten einen betroffenen Verwandten ersten Grades haben. Frauen sind häufiger als Männer betroffen, wobei Männer tendenziell schwerere Verläufe aufweisen.
Was bedeutet Genetik bei Akne inversa?
Genetik bei Akne inversa bedeutet, dass die Krankheit teilweise in den Genen, also in der Erbinformation, begründet ist. Das heißt:
- Familiensache: Wenn jemand in der Familie Akne inversa hat, ist die Chance größer, dass andere Familienmitglieder sie auch bekommen.
- Vererbung: Kinder von Eltern mit Akne inversa haben ein höheres Risiko, die Krankheit zu entwickeln. Gene sollen etwa 40% des Risikos ausmachen, Akne inversa zu bekommen.
- Nicht nur ein Gen: Es ist nicht nur ein einzelnes Gen an der Entstehung der Akne inversa beteiligt, sondern wahrscheinlich mehrere zusammen.
Pathophysiologie und Risikofaktoren
Die Pathophysiologie von Akne inversa beginnt mit einer Verstopfung der Haarfollikel, gefolgt von deren Ruptur und der Freisetzung von entzündungsfördernden Zytokinen. Hierbei handelt es sich um kleine Proteine, die von Zellen des Immunsystems produziert werden und die Kommunikation zwischen Zellen steuern, insbesondere bei Immunantworten und Entzündungen. Übergewicht und Rauchen können das Krankheitsbild verschlechtern, und mechanische Reize wie enge Kleidung oder Nassrasuren fungieren als Triggerfaktoren wie auch Stress und hohe psychische Belastung.
Diagnosestellung
Die Diagnose basiert auf klinischen Kriterien und einer gründlichen Anamnese. Primäre diagnostische Kriterien sind schmerzhafte oder eitrige Hautveränderungen in den letzten sechs Monaten sowie typische Lokalisationen in den Achselhöhlen, den Leisten, Gesäß und bei Frauen auch im Bereich unterhalb der Brüste. Hier treten Knötchen und Abszesse auf, die bei gehäuftem Auftreten auch Fistelgange und Narben bilden.
Hauptkriterien
Die Diagnose der Akne inversa basiert auf 3 Hauptkriterien:
- mindestens 2 schmerzhafte und eiternde Veränderungen innerhalb von 2 Monaten
- entzündliche oder nichtentzündliche Knoten, Abszesse, Fisteln oder Narben
- typische Lokalisationen: Achseln, Leisten, Gesäß und bei Frauen unterhalb der Brüste
Nebenkriterien
- Akne inversa-Betroffene in der Familie
- ganz normale Hautflora im betroffenen Hautareal, d. h. keine Keime, die für krankhafte, eitrige Hautprozesse typisch sind im Abstrich
Stadien der Akne inversa
Die Schwere der Akne inversa wird häufig nach der Hurley-Klassifikation eingeteilt:
Hurley-Stadium I | Einzelne Abszesse ohne Fistelbildung |
Hurley-Stadium II | Wiederkehrende Abszesse mit Fistelbildung und Narbensträngen |
Hurley-Stadium III | Großflächiger Befall der Haut mit verschmolzenen Abszessen, Fisteln und Narben |
Bei fast 60 % der Betroffenen breitet sich die Akne inversa weiter aus und über 50 % rücken im Hurley-Index höher, das heißt die Erkrankung wird immer schwerwiegender.
Therapiemöglichkeiten bei der Akne inversa
Die Behandlung von Akne inversa basiert auf drei Säulen: Antibiotika, Biologika und chirurgische Interventionen. In frühen Stadien können Lokalbehandlungen mit Antiseptika und Antibiotika ausreichen. Für Patienten mit stark entzündlichen, aber wenig vernarbten Hauterscheinungen sind medikamentöse Therapien vorteilhafter, während Patienten mit ausgeprägter Narbenbildung eher von chirurgischen Eingriffen profitieren.
Chirurgische Behandlung
Operationen spielen eine wichtige Rolle in der Therapie der Akne inversa, besonders bei fortgeschrittenen Stadien. Die meisten Eingriffe zielen auf die Entfernung von Abszessen und Fisteln ab. Nach dem Ausschneiden von Abszessen und Fistelgängen ist ein Zunähen der Wunden meist nicht möglich, weshalb sie von alleine abheilen müssen, was langwierig ist und zahlreiche Verbandswechsel erfordert. Bei ausgedehnten Wunden kann eine Vorstellung in der plastischen Chirurgie sinnvoll sein, damit die Wunde durch eine Hautverpflanzung schneller zur Abheilung gebracht werden kann. Das operative Entfernen der befallenen Hautareale schützt allerdings nicht sicher davor, dass erneute Knoten, Abszesse und Fistel entstehen. Hilfreich sind hier nur die Vermeidung der vorgenannten Triggerfaktoren und eine parallel laufende medikamentöse Behandlung.
Antibiotika
Antibiotika sind ein wesentlicher Bestandteil der Akne inversa-Therapie. Tetracycline wie Doxycyclin und Minocyclin werden häufig eingesetzt und zeigen sowohl entzündungshemmende als auch antibakterielle Wirkungen. Nicht selten werden sie mit Biologika kombiniert.
Biologika
Biologika sind moderne Medikamente, die gezielt bestimmte Teile des Immunsystems beeinflussen, um Entzündungen zu reduzieren. Sie werden aus lebenden Organismen oder deren Produkten hergestellt und ahmen körpereigene Substanzen nach. Bei Akne inversa werden Biologika eingesetzt, um die übermäßige Entzündungsreaktion zu kontrollieren und die Symptome zu lindern, besonders wenn herkömmliche Therapien nicht ausreichend wirken. Diese Medikamente werden meist als Injektion oder Infusion verabreicht und können sehr effektiv sein, erfordern aber eine sorgfältige ärztliche Überwachung aufgrund möglicher Nebenwirkungen.
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Akne inversa – Verbesserte Versorgung durch spezialisierte Zentren
Kombination von Akne inversa mit anderen Erkrankungen
Akne inversa ist nicht nur eine Hauterkrankung, sondern eine Systemerkrankung, die mit zahlreichen anderen Erkrankungen kombiniert sein kann wie chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen, rheumatischen Erkrankungen, Akne, Schuppenflechte, Diabetes mellitus und dem metabolischen Syndrom bei Übergewicht. Diese sogenannten Komorbiditäten erfordern eine interdisziplinäre Betreuung, um eine optimale Therapie zu gewährleisten. Die Lebensqualität der Patienten ist oft stark beeinträchtigt, und psychische Belastungen wie Depressionen und Angstzustände können auftreten.
Prävention und Lebensstilmodifikationen bei Akne inversa
Neben der medikamentösen und chirurgischen Behandlung spielen auch Prävention und Lebensstiländerungen eine wichtige Rolle. Raucherentwöhnung, Gewichtsreduktion und die Vermeidung von mechanischen Reizen können den Krankheitsverlauf positiv beeinflussen. Regelmäßige Bewegung und eine ausgewogene Ernährung unterstützen die allgemeine Gesundheit und können die Symptome von Akne inversa lindern.

Was kann ich selbst gegen Akne inversa unternehmen?
Auch wenn Gene eine Rolle spielen, heißt das nicht, dass man nichts tun kann. Andere Faktoren wie Lebensstil und Umwelt sind ebenfalls wichtig. Das bedeutet:
Lebensstilveränderungen
- Rauchen aufgeben: Ein Nikotinverzicht kann nach etwa einem Jahr zu einer deutlichen Besserung der Symptome führen.
- Gewichtsmanagement: Übergewicht hat einen maßgeblichen Einfluss auf die Krankheit. Streben Sie ein gesundes Körpergewicht an.
- Regelmäßige Bewegung: Ausreichende körperliche Aktivität ist wichtig.
Ernährungsumstellung
- Reduzieren Sie den Konsum von Zucker, Kohlenhydraten und tierischen Fetten.
- Folgen Sie den Vorgaben für eine entzündungshemmende Ernährung: viel Obst und Gemüse, Vollkornprodukte, Nüsse, Samen und Olivenöl wie bei einer mediterranen Ernährung.

Hautpflege
- Sorgfältige und regelmäßige Pflege der betroffenen Hautareale mit milden, pH-neutralen Waschlösungen oder antiseptischen Lösungen.
- Vermeiden Sie enge Kleidung, die auf der Haut reibt.
- Seien Sie vorsichtig mit Nass- oder Trockenrasur, besonders in betroffenen Bereichen.
Medikamentöse Therapie
- Nehmen Sie verschriebene Medikamente regelmäßig und gewissenhaft ein.
- Ändern Sie nie eigenständig die Dosis oder Einnahmehäufigkeit ohne Rücksprache mit Ihrem Arzt.
Ärztliche Betreuung
- Suchen Sie eine auf Akne inversa spezialisierte Hautklinik auf.
- Halten Sie regelmäßigen Kontakt zu Ihrem behandelnden Arzt und geben Sie Feedback über Behandlungserfolge oder -misserfolge.
Psychische Gesundheit
- Akne inversa und psychische Gesundheit beeinflussen sich gegenseitig. Stress kann Symptome verschlimmern, während die Erkrankung selbst zu Depressionen und Angststörungen führen kann.
- Suchen Sie bei Bedarf psychologische oder psychotherapeutische Unterstützung. Eine psychotherapeutische Behandlung kann helfen, mit den Belastungen besser umzugehen und Depressionen vorzubeugen.
- Erlernen und praktizieren Sie Techniken zur Stressreduktion wie Meditation, Yoga oder progressive Muskelentspannung.
- Der Austausch mit anderen Betroffenen in Selbsthilfegruppen kann sehr wertvoll sein.
- Informieren Sie sich über Ihre Erkrankung und Behandlungsmöglichkeiten. Wissen kann Ängste reduzieren und das Gefühl der Kontrolle stärken.
- Versuchen Sie, trotz möglicher Schamgefühle, soziale Kontakte aufrechtzuerhalten. Isolation kann die psychische Belastung verstärken.
Trigger vermeiden
- Identifizieren und vermeiden Sie persönliche Auslöser, die Schübe verstärken können, wie z.B. bestimmte Lebensmittel oder Stresssituationen.
- Vermeiden Sie die Rasur der betroffenen Areal, bauen Sie ggf. Übergewicht ab, achten auf eine gesunde Ernährung und körperlicher Bewegung.
Fazit
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Akne – mehr als nur ein Teenagerproblem
Quellen