Akne – Wie Haut und Darm sich gegenseitig beeinflussen

Junger Mann mit Akne wird von Arzt mit Lupe untersucht
Update: Dieser Beitrag wurde am 01.September 2025 aktualisiert.

Akne ist eine der häufigsten Hauterkrankungen weltweit und steht oft in Wechselwirkung mit dem Verdauungssystem: Entzündungsprozesse im Darm können über das Immunsystem und Botenstoffe die Hautsituation verschlechtern und so Beschwerden wie Akne verstärken. Umgekehrt kann eine anhaltende Hautentzündung auch die Darmgesundheit beeinflussen, etwa über Stresshormone und veränderte Ernährungsgewohnheiten. Dieses Zusammenspiel, bekannt als Darm-Haut-Achse, eröffnet neue Wege für Diagnostik und Therapie.

Schnelles Wissen

Akne ist oft mit Magen-Darm-Erkrankungen wie Reizdarmsyndrom oder gastroösophagealem Reflux (Rückfluss von Magensäure in die Speiseröhre) verknüpft.
Ein gestörtes Mikrobiom beeinflusst sowohl Haut als auch Darm.
Probiotika und die Mittelmeerdiät zeigen positive Effekte.
Antibiotika können Akne lindern, aber das Mikrobiom belasten.
Interdisziplinäre Betreuung durch Haut- und Darmspezialist:innen ist sinnvoll.
Mikrobiomanalysen liefern neue Ansätze, sind aber bisher nicht Teil der Routineversorgung.
Auch psychische Faktoren wie Stress wirken sich über den Darm auf die Haut aus.

Welche Zusammenhänge bestehen zwischen Akne und Magen-Darm-Erkrankungen?

Menschen mit Akne haben häufiger Magen-Darm-Probleme. Eine taiwanesische Studie (Chen et al., JAAD International 2024) mit über 185.000 Patient:innen zeigte, dass Akne das Risiko für Reizdarmsyndrom, Reflux und Magengeschwüre erhöht. Besonders Jugendliche und Erwachsene mit schwerer Akne sind betroffen.

  • Jugendliche leiden häufiger unter Reizdarm und Verstopfung.
  • Erwachsene entwickeln eher Refluxkrankheit oder Magen-Darm-Geschwüre.
  • Chronische, den ganzen Körper betreffende Entzündungen (sogenannte systemische Entzündungen) verstärken die Beschwerden in beiden Organen.
Infografik zeigt die Darm-Haut-Achse mit Darmflora, Immunsystem, Entzündung und Haut sowie Einflussfaktoren Ernährung, Stress und Antibiotika in zarten Blautönen.

CC BY-ND 4.0 Lizenz: CC BY-ND 4.0 – Nutzung nur unverändert mit Link zu Medi-Helpster.de. Nutzungsbedingungen.

Auch historische Arbeiten wie die von Stokes und Pillsbury (1930) diskutierten bereits eine mögliche Verbindung zwischen psychischen Belastungen, Verdauung und Hauterkrankungen. Moderne Forschung bestätigt diesen ganzheitlichen Ansatz: Haut und Darm stehen in enger Wechselwirkung.

Warum spielt die Darm-Haut-Achse eine so wichtige Rolle?

Das Mikrobiom im Darm beeinflusst Magen-Darm-System, Immunabwehr und Hautprozesse. Gerät es aus dem Gleichgewicht (Dysbiose), nehmen entzündungshemmende Bakterien wie Lactobacillus oder Bifidobacterium im Darm ab. Dies kann Akne verschlimmern und Verdauungsprobleme verstärken.

  • Antibiotika gegen Akne können das Mikrobiom zusätzlich stören.
  • Eine westliche, zuckerreiche Ernährung fördert Entzündungen und Akne.
  • Ein vielfältiges Mikrobiom wirkt schützend auf Haut und Darm.

Ein gesundes Mikrobiom stabilisiert außerdem die Schleimhautbarriere im Darm. Wird diese Barriere durchlässiger, gelangen entzündungsfördernde Stoffe in die Blutbahn und können Hautreaktionen verstärken. Umgekehrt wirkt eine ausgewogene Darmflora beruhigend auf Immunprozesse in der Haut.

Welche Therapien helfen bei Akne in Verbindung mit Darmproblemen?

Klassische Therapien wie Retinoide und Benzoylperoxid wirken direkt auf die Haut. Bei schwerer Akne kommen systemische (also den ganzen Körper betreffende) Antibiotika oder Isotretinoin zum Einsatz, allerdings mit möglichen Darm-Nebenwirkungen. Daher rücken heute Maßnahmen in den Blick, die nicht nur die Haut selbst, sondern auch die zugrunde liegenden Prozesse im Darm berücksichtigen:

  • Probiotika können die Darmflora stabilisieren und Entzündungen verringern.
  • Ernährungsumstellungen wie die Mittelmeerdiät fördern ein gesundes Mikrobiom.
  • Interdisziplinäre Betreuung durch Dermatolog:innen und Gastroenterolog:innen verbessert die Behandlung.

Ergänzend untersuchen Forschende, ob entzündungshemmende Ernährungsmuster oder pflanzliche Substanzen wie Polyphenole die Darm-Haut-Achse positiv beeinflussen können. Diese Ansätze werden derzeit in klinischen Studien geprüft.

Steckbrief Prä- und Probiotika

Präbiotika

Definition: Nicht-verdauliche Ballaststoffe, die das Wachstum und die Aktivität nützlicher Darmbakterien fördern.

Wirkung:

  • Dienen den „guten“ Darmbakterien als Nahrung.
  • Fördern eine gesunde Darmflora, indem sie die Anzahl nützlicher Bakterien erhöhen.

Gesundheitliche Vorteile:

  • Unterstützen die Verdauung.
  • Fördern das Immunsystem.
  • Verbessern die Aufnahme von Mineralstoffen wie Kalzium.

Natürliche Quellen: Knoblauch, Zwiebeln, Bananen, Vollkornprodukte, Spargel.

Probiotika

Definition: Lebende Mikroorganismen (z. B. Milchsäurebakterien), die eine positive Wirkung auf die Gesundheit haben können, wenn sie in ausreichender Menge aufgenommen werden.

Wirkung:

  • Erhöhen die Vielfalt und Menge gesunder Mikroorganismen im Darm.
  • Stellen das Gleichgewicht der Darmflora wieder her, z. B. nach Antibiotika-Einnahme.

Gesundheitliche Vorteile:

  • Reduzieren Durchfall (z. B. nach Antibiotika-Therapie).
  • Lindern Symptome von Reizdarmsyndrom und Blähungen.
  • Stärken das Immunsystem.

Natürliche Quellen: Joghurt, Kefir, Sauerkraut, Kimchi, fermentierte Sojaprodukte (z. B. Miso).

Wichtige Hinweise

  • Prä- und Probiotika sind kein Ersatz für eine ausgewogene Ernährung.
  • Bei chronischen Beschwerden oder Krankheiten: Einnahme mit Arzt besprechen.
  • Hochdosierte Nahrungsergänzungsmittel nur nach Rücksprache verwenden.

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Wie kann eine personalisierte Behandlung aussehen?

Neben allgemeinen Therapieprinzipien wird zunehmend deutlich, dass die Biologie jeder Patientin und jedes Patienten unterschiedlich ist. Faktoren wie genetische Veranlagung, Zusammensetzung des Mikrobioms oder begleitende Erkrankungen beeinflussen den Verlauf der Akne. Daher rückt die Frage in den Vordergrund, wie sich Behandlungen gezielt anpassen lassen.

Neue Methoden wie die Mikrobiomanalyse ermöglichen individuelle Therapiepläne. Dabei wird die Zusammensetzung der Darmflora untersucht, um gezielt Ernährung, Probiotika oder Medikamente auszuwählen. So lassen sich Haut- und Darmprobleme nachhaltiger behandeln.

Infografik zeigt klassische und ganzheitliche Therapieansätze bei Akne nebeneinander in zarten Blautönen, verbunden durch einen Hinweis, dass sich beide Ansätze aktuell ergänzen.

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Besonders bedeutsam ist, dass solche Analysen auch Hinweise auf begleitende Faktoren wie Stress, Ernährungsmuster oder frühere Antibiotikatherapien geben können. Damit entsteht ein umfassenderes Bild, das es Ärzt:innen erlaubt, die Therapie genauer auf die persönliche Situation zuzuschneiden – von der Wahl der Medikamente bis zur Empfehlung passender Ernährungs- und Lebensstiländerungen.

Expertenstimmen zu dem Thema

Prof. Dr. Jerry K. Tan (University of Western Ontario, Kanada) betont, dass Akne global betrachtet nicht nur ein kosmetisches Problem ist, sondern oft systemische Ursachen hat (Tan & Bhate, Br J Dermatol 2015).
Dr. Ömer F. Elmas (Universität Sakarya, Türkei) zeigt in einer Studie, dass Reizdarmsyndrom bei Akne-Patient:innen häufiger vorkommt (Demirbaş & Elmas, J Cosmet Dermatol 2021).
Dr. Rania Saleh (Ägypten) konnte nachweisen, dass eine Infektion mit Helicobacter pylori bei schwerer Akne häufiger vorkommt (Saleh et al., J Cosmet Dermatol 2020). Diese Ergebnisse unterstreichen die Notwendigkeit einer integrativen Sichtweise, die Haut und Darm gemeinsam berücksichtigt.

Medi-Helpster: Ärztliche Einordnung für Sie

Kurz und bündig

Darmerkrankungen oder Störungen im Darm-Mikrobiom können Akne verstärken. Für Patient:innen mit Akne heißt das: Magen-Darm-Beschwerden abklären lassen, mediterrane Kost bevorzugen, stark verarbeitete Lebensmittel, Fast Food und zuckerreiche Softdrinks meiden.

Was können Sie konkret tun?

  • Achten Sie auf eine ballaststoffreiche Ernährung mit Gemüse, Vollkorn und fermentierten Lebensmitteln.
  • Bevorzugen Sie die Mittelmeerdiät mit Fisch, Olivenöl, Obst und Gemüse.
  • Sprechen Sie Ihre Ärztin/Ihren Arzt auf Probiotika an.
  • Reduzieren Sie stark verarbeitete, zuckerreiche Lebensmittel.
  • Lassen Sie bei anhaltenden Magen-Darm-Beschwerden zusätzlich einen Gastroenterologen prüfen.
  • Planen Sie bewusst Stressabbau ein, etwa durch Bewegung, Entspannungstechniken oder ausreichend Schlaf, da Stress über den Darm Entzündungen in der Haut verstärken kann.

FAQ

Was hat der Darm mit Akne zu tun?

Ein gestörtes Mikrobiom kann Entzündungen im Körper auslösen, die auch die Haut betreffen.

Kann meine Ernährung Akne beeinflussen?

Ja, eine zuckerreiche Ernährung verstärkt Entzündungen, während die Mittelmeerdiät oft hilfreich ist.

Sind Probiotika sinnvoll?

Erste Studien zeigen, dass Probiotika Haut und Darm gleichzeitig unterstützen können.

Sollte ich Antibiotika meiden?

Antibiotika sind manchmal unumgänglich, belasten aber das Mikrobiom. Ihr Einsatz sollte zeitlich begrenzt sein.

Gibt es Tests für das Mikrobiom?

Ja, eine Stuhlprobe kann Hinweise auf das Gleichgewicht der Darmflora geben. Allerdings sind diese Untersuchungen bisher vor allem Forschungsinstrumente. Ihre Umsetzung in die medizinische Routinepraxis steckt noch in den Anfängen.

Wann sollte ich eine Fachärztin/einen Facharzt aufsuchen?

Bei starker Akne und zusätzlichen Darmbeschwerden empfiehlt sich eine Abklärung durch Dermatolog:in und Gastroenterolog:in.

Was ist …? – Begriffe kurz erklärt

Dysbiose: Ungleichgewicht der Darmflora mit ungünstigen Bakterienverschiebungen.

Lactobacillus: Milchsäurebakterien, die im Darm schützende Funktionen übernehmen und Entzündungen dämpfen können.

Bifidobacterium: Bakteriengattung, die vor allem im Dickdarm vorkommt und wichtig für die Darmbarriere sowie eine gesunde Verdauung ist.

Polyphenole: Pflanzliche Schutzstoffe, die in Obst, Gemüse und Tee vorkommen und entzündungshemmend wirken können. Sie werden als mögliche Unterstützung bei der Aknetherapie untersucht.

Quellen

Chen, Y.-W., Wu, C.-Y., & Chen, Y.-J. (2024). Gastrointestinal comorbidities in patients with acne vulgaris: A population-based retrospective study. JAAD International, 18, 62–68.

Stokes, J. H., & Pillsbury, D. M. (1930). The effect on the skin of emotional and nervous states: III. Theoretical and practical consideration of a gastrointestinal mechanism. Archives of Dermatology and Syphilology, 22(6), 962–993.

Tan, J. K., & Bhate, K. (2015). A global perspective on the epidemiology of acne. British Journal of Dermatology, 172(Suppl 1), 3–12.

Demirbaş, A., & Elmas, Ö. F. (2021). The relationship between acne vulgaris and irritable bowel syndrome: A preliminary study. Journal of Cosmetic Dermatology, 20(1), 316–320.

Saleh, R., Mahmoud, A. S., Moustafa, D. A., & El-Hamd, M. A. (2020). High levels of Helicobacter pylori antigens and antibodies in patients with severe acne vulgaris. Journal of Cosmetic Dermatology, 19(12), 3291–3295.

Akne – Wie Haut und Darm sich gegenseitig beeinflussen
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