Chinin als Therapie bei Wadenkrämpfen

Chinin beeinflusst die Verbindung zwischen Nerven und Muskeln.

Chinin als Therapie bei Wadenkrämpfen

Chinin stellt eine wirksame und gut verträgliche Option für die Behandlung von nächtlichen Wadenkrämpfen dar. Vor allem Patienten, die stark unter wiederkehrenden und schmerzhaften Krämpfen leiden, profitieren von der Chinin-Therapie. Dabei wirkt Chinin unabhängig von der Ursache der Krämpfe und kann sowohl die Häufigkeit als auch die Intensität der Krämpfe deutlich reduzieren. Allerdings ist der Wirkstoff nicht für jeden geeignet und kann Nebenwirkungen wie Übelkeit, Kopfschmerzen, Sehstörungen oder Herzrhythmusstörungen auslösen. Hier erfahren Sie, was man über die Chinin-Behandlung von Wadenkrämpfen wissen sollte.

Was sind Wadenkrämpfe?

Wadenkrämpfe sind plötzlich auftretende, schmerzhafte Muskelkontraktionen in den Beinen, insbesondere in der Wade. Häufig treten sie nachts auf, was zu Schlafstörungen führen kann. Die genaue Ursache ist meist unklar, jedoch spielen Faktoren wie Muskelüberlastung, Dehydration, Störungen im Elektrolythaushalt und auch die Einnahme bestimmter Medikamente eine Rolle.

Wadenkrämpfe können während der Nacht auftreten und den Schlaf stören.

Typische Ursachen für Wadenkrämpfe:

  • Muskelüberlastung, z. B. nach intensivem Training
  • Dehydration
  • Elektrolytstörungen (Magnesium- oder Kalziummangel)
  • Neuromuskuläre Erkrankungen, z. B. Amyotrophe Lateralsklerose (ALS), periphere Neuropathien, Multiple Sklerose
  • Medikamente wie Diuretika, Betablocker und Statine

Chinin – ein bewährtes Mittel gegen nächtliche Wadenkrämpfe

Chinin ist ein natürliches Alkaloid, das ursprünglich aus der Rinde des südamerikanischen Chinarindenbaums gewonnen wurde. In der Vergangenheit wurde es hauptsächlich zur Behandlung von Malaria eingesetzt, heute jedoch auch bei nächtlichen Wadenkrämpfen verwendet. In klinischen Studien hat sich Chinin als wirksam bei der Verringerung der Häufigkeit, Dauer und Intensität von Muskelkrämpfen erwiesen. Bereits in den 1940er Jahren wurde Chinin für diese Indikation eingeführt und es gilt seither als eine der wenigen medikamentösen Optionen, die gezielt gegen Muskelkrämpfe eingesetzt werden können. Viele kennen Chinin bereits aus Getränken wie Tonic Water, das zum Beispiel in Marken wie Schweppes® enthalten ist – das gibt dem Getränk seinen leicht bitteren Geschmack.

Chinin ist auch in Tonic Water enthalten.

Wie Chinin im Körper wirkt

Chinin wirkt auf zwei Arten, um Krämpfe zu verhindern. Zum einen beeinflusst es die Verbindung zwischen Nerven und Muskeln. Diese Verbindungen steuern, wie und wann sich Muskeln zusammenziehen. Wenn die Muskeln überreizt sind, können sie sich spontan und schmerzhaft zusammenziehen – das sind die typischen Krämpfe. Chinin sorgt dafür, dass die Muskeln weniger empfindlich auf kleine Reize reagieren und sich nicht so schnell verkrampfen.

Zum anderen verlängert Chinin die Erholungszeit der Muskeln nach einer Kontraktion. Normalerweise müssen sich Muskeln nach einer Anspannung kurz erholen, bevor sie sich wieder zusammenziehen können. Chinin sorgt dafür, dass diese Erholungsphase länger dauert. Dadurch werden die Muskeln nicht so oft und stark beansprucht, was die Wahrscheinlichkeit von Krämpfen reduziert.

Dosierung und Verabreichung von Chinin

Chinin wird in Form von Chininsulfat als Tablette eingenommen. Üblicherweise wird eine Dosis von 200 mg pro Tag empfohlen, die nach dem Abendessen eingenommen wird. In schweren Fällen kann die Dosierung auf bis zu 400 mg pro Tag erhöht werden. Diese Dosierungen sind in der Regel ausreichend, um die Häufigkeit und Intensität der Krämpfe zu reduzieren. Bei ausbleibender Besserung nach 4 Wochen sollte Chininsulfat abgesetzt werden.

Studien haben gezeigt, dass Patienten, die Chininsulfat gegen nächtliche Wadenkrämpfe einnehmen, eine hohe Zufriedenheit mit der Behandlung haben. Über 90 % der Patienten berichteten nach einer zweiwöchigen Therapie von einer deutlichen Verbesserung ihrer Symptome. Diese hohe Wirksamkeit in Kombination mit der guten Verträglichkeit führt dazu, dass die meisten Patienten die Therapie über längere Zeiträume beibehalten.

Interessanterweise ist die Dosierung von Chininsulfat gegen Muskelkrämpfe deutlich geringer als die bei der Behandlung von Malaria. Während bei der Malariatherapie oft mehrere Gramm Chinin pro Tag verabreicht werden, reichen bei Muskelkrämpfen deutlich geringere Mengen aus, um die gewünschte Wirkung zu erzielen. Das unterstreicht die hohe Wirksamkeit des Wirkstoffs bei muskulären Beschwerden, ohne dass dabei hohe Dosen erforderlich sind.

Langfristige Anwendung von Chinin – Was ist zu beachten?

Chininsulfat ist besonders wirksam bei der kurzzeitigen Behandlung von Muskelkrämpfen. Laut Studien ist der Wirkstoff für die längerfristige Anwendung geeignet, allerdings sollten regelmäßige Therapiepausen eingelegt werden, um die Notwendigkeit einer weiteren Behandlung zu überprüfen. Es wird empfohlen, die Therapie alle drei Monate zu unterbrechen, um zu sehen, ob die Krämpfe weiterhin bestehen oder ob sie sich durch die vorangegangene Behandlung ausreichend gebessert haben.

Chinin und die Verbesserung der Lebensqualität

Eine der größten Herausforderungen für Menschen, die unter nächtlichen Wadenkrämpfen leiden, ist der Verlust an Lebensqualität. Schlafstörungen durch wiederkehrende, schmerzhafte Krämpfe führen zu Müdigkeit, Konzentrationsschwierigkeiten und einem allgemeinen Gefühl der Erschöpfung. Die Chinin-Therapie hat sich als eine wirksame Methode erwiesen, diese Probleme zu lindern. Patienten berichten, dass sich nicht nur die Krampfanfälle selbst reduzieren, sondern auch die damit verbundenen Schlafstörungen deutlich abnehmen.

Vergleich mit anderen Medikamenten

Chininsulfat ist eines der wenigen Medikamente, das speziell für die Behandlung von nächtlichen Wadenkrämpfen zugelassen ist. Andere Mittel wie Magnesium haben sich als weniger effektiv erwiesen oder zeigen nur bei bestimmten Patientengruppen Erfolge. Chininsulfat hingegen wirkt unabhängig von den genauen Ursachen der Krämpfe und kann somit in einer Vielzahl von Fällen eingesetzt werden.

Die Einnahme von Magnesium vor dem Sport ist wenig sinnvoll.

Die Tatsache, dass Chinin sowohl präventiv als auch akut eingesetzt werden kann, macht es zu einer besonders flexiblen Therapieoption. Patienten können es sowohl zur Vorbeugung von Krämpfen als auch zur akuten Linderung einnehmen, falls es zu einem Anfall kommt. Diese Vielseitigkeit ist einer der Gründe, warum Chinin nach wie vor ein bevorzugtes Mittel zur Behandlung von Muskelkrämpfen ist.

Was bei der Einnahme von Chinin zu beachten ist

Nebenwirkungen

Chinin kann verschiedene Nebenwirkungen haben, von leichten bis hin zu schwerwiegenden. Zu den häufigsten gehören:

  • Übelkeit und Durchfall
  • Kopfschmerzen und Schwindel
  • Sehstörungen und Ohrgeräusche (Tinnitus)
  • Herzrhythmusstörungen

Seltene, aber schwerwiegendere Nebenwirkungen:

  • Allergische Reaktionen wie Hautausschläge oder Schwellungen
  • Schwere Blutbildveränderungen (z. B. Thrombozytopenie = Abfall der Blutplättchen), die das Blutungsrisiko erhöhen
  • Leberfunktionsstörungen
  • Anzeichen einer Herzrhythmusstörung oder Herzprobleme

Falls Tinnitus, Sehstörungen oder starke Nebenwirkungen auftreten, sollte Chinin sofort abgesetzt und ein Arzt konsultiert werden.

 Wechselwirkungen

Chinin kann mit verschiedenen Medikamenten in Wechselwirkung treten. Zu beachten sind:

  • Medikamente, die das QT-Intervall verlängern (Zeit, die das Herz braucht, um sich nach einem Herzschlag wieder zu erholen und bereit für den nächsten Schlag zu sein), erhöhen das Risiko für Herzrhythmusstörungen. Dazu gehören z. B. einige Antibiotika, Antidepressiva, Antiarrhythmika.
  • Aluminium- und Magnesiumhaltige Antazida: Diese Mittel gegen Sodbrennen können die Aufnahme von Chinin verringern.
  • Cimetidin (Magenmittel): Kann die Wirkung von Chinin verstärken.
  • Bestimmte Herzglykoside wie Digoxin: Chinin kann deren Wirkung im Körper verstärken und zu stärkeren Nebenwirkungen führen.

Schwangerschaft und Stillzeit

Chinin sollte während der Schwangerschaft nicht eingenommen werden, da es in hohen Dosen wehenfördernd wirken kann und potenziell schädlich für das ungeborene Kind ist. Es kann das Risiko für Fehlbildungen oder andere Komplikationen erhöhen, weshalb Schwangere auf die Einnahme verzichten sollten.

Während der Stillzeit sollte Chinin ebenfalls nicht verwendet werden, da es in die Muttermilch übergeht und dem Säugling schaden kann. Es könnte zu Nebenwirkungen beim Baby führen, weshalb Mütter in der Stillzeit auf Chinin verzichten sollten.

Wegen des Nebenwirkungsprofils ist Chinin als Medikament zur Behandlung von Wadenkrämpfen in Deutschland verschreibungspflichtig und nicht frei verkäuflich erhältlich.

Fazit

Chinin hilft wirksam, die Häufigkeit und Intensität nächtlicher Wadenkrämpfe zu reduzieren.
Übliche Dosierung liegt bei 200 mg täglich, maximal 400 mg bei stärkeren Beschwerden.
Bei ausbleibender Besserung nach 4 Wochen sollte Chinin abgesetzt werden, auch sind Auslassversuche sinnvoll.
Es wirkt, indem es die Überreizung der Muskeln verringert und die Erholungszeit der Muskeln zwischen den Kontraktionen verlängert.
Häufige Nebenwirkungen sind Übelkeit, Kopfschmerzen, Sehstörungen und Herzrhythmusstörungen.
Chinin sollte nicht während der Schwangerschaft oder Stillzeit eingenommen werden.
Es ist effektiver als andere Mittel wie Magnesium und kann bei verschiedensten Ursachen von Krämpfen helfen.
Chinin zeigt in klinischen Studien eine hohe Wirksamkeit und Verträglichkeit und verbessert die Schlafqualität und Lebensqualität der Betroffenen.

Quellen

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