Wenn Wechseljahresbeschwerden Ihr Leben spürbar einschränken, kann eine individuell angepasste Behandlung mit Östrogenen wirksam helfen. Entscheidend sind Ihre Symptome, Ihr persönliches individuelles Risiko und der richtige Zeitpunkt des Therapiebeginns. Zum individuellen Risiko gehören insbesondere Thrombosen, gynäkologische Tumorerkrankungen und Herz‑Kreislauf‑Erkrankungen, die bei der Abwägung eine wichtige Rolle spielen.
- Schnelles Wissen
- Wechseljahre – Nomenklatur
- Welche Risiken sollten Sie kennen und wie werden sie begrenzt?
- Wie wirkt die Hormontherapie auf Hitzewallungen und Schlaf?
- Was bringt die transdermale Anwendung im Vergleich zu Tabletten?
- Wie schützt die Therapie die Knochen und für wen ist das relevant?
- Welche Rolle spielt das Gestagen und welches ist geeignet?
- Wie lange sollte man eine Hormontherapie durchführen?
- Hilft lokale Östrogentherapie bei Beschwerden im Intimbereich?
- Expertenstimmen zum Thema
- Medi-Helpster: Ärztliche Einordnung für Sie
- Was können Sie konkret tun?
- FAQ
- Was ist …? – Begriffe kurz erklärt
- Quellen
Schnelles Wissen
Wer profitiert von einer Hormontherapie?
Der Rückgang der Ovarialfunktion ist ein natürlicher Prozess, der bei vielen Frauen mit erheblichen Beschwerden verbunden ist. Rund 25-30 % der Frauen erleben die Wechseljahre als äußerst belastend, weitere 30-35 % leiden unter mittelstarken Beschwerden. In diesen Fällen sollte die Hormontherapie in Erwägung gezogen werden. Die Therapie zielt dabei nicht darauf ab, die physiologischen Verhältnisse vor der Menopause wiederherzustellen, sondern die Beschwerden zu lindern und Langzeitfolgen, wie Osteoporose oder kardiovaskuläre Erkrankungen, zu vermeiden.

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Für wen ist eine Hormontherapie überhaupt geeignet?
Sie kommt in Frage, wenn vasomotorische Symptome (Hitzewallungen, Nachtschweiß) oder urogenitale Beschwerden Ihren Alltag deutlich beeinträchtigen. Auch bei erhöhtem Osteoporoserisiko kann sie nach sorgfältiger Abwägung sinnvoll sein. Die Entscheidung richtet sich nach Leidensdruck, individuellen Risiken und Ihren Präferenzen.
- Stark ausgeprägte Hitzewallungen/Schweißausbrüche trotz Lebensstilmaßnahmen.
- Schlafstörungen, Stimmungseinbrüche oder Konzentrationsprobleme im Zusammenhang mit Hitzewallungen.
- Urogenitale Beschwerden (Trockenheit, Schmerzen beim Geschlechtsverkehr, wiederkehrende Harnwegsinfekte).
- Frühe Postmenopause mit hohem Frakturrisiko oder Unverträglichkeit anderer Osteoporose‑Therapien.
Wechseljahre – Nomenklatur
Wechseljahre (medizinisch: Klimakterium): Bezeichnen den gesamten Übergangsprozess, den Frauen durchlaufen, wenn ihre Fruchtbarkeit nachlässt. Dieser Prozess umfasst hormonelle Veränderungen, die zu Symptomen wie Hitzewallungen, Stimmungsschwankungen und Schlafstörungen führen können.
Perimenopause: Ist die Phase vor der Menopause, die etwa 4 bis 10 Jahre dauern kann. In dieser Zeit beginnt der Körper, weniger Östrogen zu produzieren, was zu unregelmäßigen Menstruationszyklen und typischen Symptomen wie Hitzewallungen führt.
Menopause: Bezeichnet das endgültige Ende der Menstruation, das eintritt, wenn eine Frau 12 Monate lang keine Periode mehr hatte. Dieser Punkt markiert den Übergang von der Perimenopause zur Postmenopause.
Postmenopause: Ist die Zeit nach der Menopause, die den Rest des Lebens einer Frau andauert. In dieser Phase können die Symptome nachlassen, aber der Körper bleibt in einem Zustand mit dauerhaft niedrigen Östrogenspiegeln, was zu langfristigen Veränderungen führen kann.
Welche Risiken sollten Sie kennen und wie werden sie begrenzt?
Wie jede wirksame Therapie hat auch die Hormontherapie Nebenwirkungen. Das Gesamtrisiko hängt stark von Alter, Vorerkrankungen, Präparat und Darreichungsform ab. Eine gute Auswahl und regelmäßige Kontrollen senken das Risiko spürbar.
- Venöse Thromboembolien/Schlaganfall: unter oraler Östrogengabe höher; transdermale Wege gelten als günstiger.
- Brustkrebs: v. a. unter Östrogen‑Gestagen‑Kombination und bei längerer Dauer leicht erhöht; das absolute Risiko bleibt für die meisten Frauen niedrig.
- Endometrium (Gebärmutterschleimhaut): Reines Östrogen kann das Risiko für Gebärmutterkrebs erhöhen. Bei vorhandener Gebärmutter Östrogen immer mit Gestagen kombinieren.
- Eierstockkrebs: in Langzeitanwendung leicht erhöhtes Risiko – individuell abwägen.
- Herz‑Kreislauf: Eine Hormontherapie kann das Risiko für Herzinfarkt oder Schlaganfall beeinflussen. Bei frühem Start (kurz nach der Menopause) wirkt die Hormontherapie eher günstig, bei späterem Beginn kann das Risiko steigen.
Wie wirkt die Hormontherapie auf Hitzewallungen und Schlaf?
Östrogene dämpfen die Fehlsteuerung des Wärmehaushalts im Gehirn. Bei vielen Betroffenen verringern sich durch die Hormontherapie Häufigkeit und Intensität der Hitzewallungen deutlich. Damit bessern sich oft auch Schlaf und Tagesform.
- Wirkeintritt meist innerhalb weniger Wochen; volle Wirkung nach 6–12 Wochen beurteilbar.
- Bei nächtlichen Beschwerden kann eine gleichmäßige transdermale Verabreichung der Wirkstoffe (Hormonpflaster) Vorteile haben.
- Zusätzliche Schlafhygiene (kühl schlafen, Alkohol/Nikotin meiden, regelmäßige Zeiten) unterstützt den Effekt.
Was bringt die transdermale Anwendung im Vergleich zu Tabletten?
Pflaster, Gel oder Spray umgehen den sogenannten „First‑Pass‑Effekt“ in der Leber. Das bedeutet: Bei Tabletten muss der Wirkstoff zunächst über den Darm und die Leber verarbeitet werden, bevor er in den Kreislauf gelangt. Dabei wird ein Teil des Wirkstoffs abgebaut, und die Leber wird stärker belastet. Bei Pflastern oder Gelen geht der Wirkstoff direkt ins Blut, es geht weniger verloren und die Leber wird geschont. Dadurch entstehen stabilere Hormonspiegel. Das Risiko für Thrombosen ist bei Pflaster oder Gel zwar geringer als bei Tabletten, verschwindet aber nicht ganz.
Wie schützt die Therapie die Knochen und für wen ist das relevant?
Östrogenmangel beschleunigt den Knochenabbau (Osteoporose). Eine Hormontherapie kann die Knochendichte stabilisieren und das Frakturrisiko senken. Sie ist vor allem in den ersten postmenopausalen Jahren wirksam.
- Bei hohem Frakturrisiko erwägen, besonders, wenn andere Mittel nicht infrage kommen.
- Nach Absetzen bleibt der Frakturschutz teilweise erhalten, sollte aber nicht der alleinige Grund für die Hormontherapie in den Wechseljahren sein.
- Basismaßnahmen bleiben wichtig: Calcium/Vitamin‑D‑Zufuhr, Bewegung mit Kraftelementen, Sturzprophylaxe.

Welche Rolle spielt das Gestagen und welches ist geeignet?
Bei vorhandener Gebärmutter schützt ein Gestagen ihre Schleimhaut vor unkontrolliertem Wachstum. Hinweise sprechen dafür, dass mikronisiertes (fein vermahlenes, dadurch besser im Körper aufgenommenes) Progesteron ein günstiges Sicherheitsprofil hat.
- Schema und Dosis werden individuell gewählt (zyklisch vs. kontinuierlich).
- Bei Nebenwirkungen (z. B. Brustspannen, Stimmung) kann ein Präparatwechsel helfen.
- Regelmäßige Blutungen können zu Beginn normal sein. Bei auffälligen Blutungen ist eine ärztliche Abklärung unbedingt erforderlich.
Wie lange sollte man eine Hormontherapie durchführen?
Es gibt keine starre Obergrenze. Solange der Nutzen die Risiken überwiegt und Kontrollen unauffällig sind, kann die Therapie fortgeführt werden. Die Indikation wird mindestens jährlich geprüft.
- Viele Frauen benötigen die Hormontherapie nur für einige Jahre. Ein langsames Ausschleichen kann Rückfälle vermeiden.
- Bei Wiederauftreten belastender Symptome ist ein erneuter Therapieversuch möglich.
- Spätestens bei neu aufgetretenen Risikofaktoren wie Thrombose oder Brustkrebs Therapie neu bewerten.
Hilft lokale Östrogentherapie bei Beschwerden im Intimbereich?
Ja. Niedrig dosierte Vaginalpräparate werden kaum systemisch aufgenommen und lindern Trockenheit, Brennen und Schmerzen beim Geschlechtsverkehr sehr effektiv.
- Geeignet auch langfristig; Dosierung nach Bedarf.
- Bei wiederkehrenden Harnwegsinfekten kann die Schleimhautstärkung nützlich sein.
- Bei Brustkrebs in der Vorgeschichte nur nach onkologischer Rücksprache.

Expertenstimmen zum Thema
Prof. JoAnn E. Manson, Harvard Medical School / Brigham and Women’s Hospital: betont, dass die Nutzen‑Risiko‑Balance der Hormontherapie (MHT = menopausale Hormontherapie) stark vom Startzeitpunkt, der individuellen Risikosituation und der Formulierung abhängt; Ziel ist die gezielte Linderung belastender Symptome innerhalb des „Window of Opportunity“.
Prof. Andrew M. Kaunitz, University of Florida Health – Jacksonville: hebt hervor, dass transdermale Östrogene gegenüber oralen Präparaten ein günstigeres Risiko für venöse Thrombosen aufweisen und eine flexible, symptomgeleitete Dosierung erlauben.
Dr. Pierre‑Yves Scarabin, Inserm/Paris: weist in epidemiologischen Arbeiten auf das erhöhte Thromboserisiko unter oralen Östrogenen hin und sieht Vorteile für transdermale Anwendungen.
Medi-Helpster: Ärztliche Einordnung für Sie
Kurz und bündig
Was können Sie konkret tun?
- Beschwerden und Ziele notieren: Welche Symptome stören Sie am meisten (Skala 0–10), seit wann, in welchen Situationen?
- Risiken erfassen: persönliche/familiäre Vorerkrankungen (z. B. Thrombose, Brust‑/Eierstockkrebs), BMI, Rauchen, Blutdruck, Migräne mit Aura.
- Optionen besprechen: transdermal vs. oral, Dosierung, Gestagen‑Schema, nur lokal bei Intimbeschwerden.
- Kontrollen planen: erste Verlaufskontrolle nach 3 Monaten, danach jährlich (Effekt, Nebenwirkungen, Blutdruck, BMI).
- Lebensstil ergänzen: Bewegung mit Kraftanteil, Schlafhygiene, Alkoholkonsum begrenzen, Rauchstopp unterstützen.
- Warnzeichen kennen: plötzliches Bein‑/Atemproblem, Brustknoten, ungewöhnliche Blutung – sofort ärztlich abklären.
FAQ
Erste Effekte zeigen sich oft nach 2–4 Wochen, die volle Wirkung nach 6–12 Wochen.
Am günstigsten ist der Beginn innerhalb von 10 Jahren nach der Menopause bzw. vor dem 60. Lebensjahr.
Das Risiko ist unter Östrogen‑Gestagen‑Kombination leicht erhöht und steigt mit der Dauer; es sinkt nach Absetzen wieder.
Nein, dann gehört ein Gestagen dazu, um die Gebärmutterschleimhaut zu schützen.
Transdermale Anwendungen umgehen die Leber und gelten beim Thromboserisiko als günstiger.
Solange Nutzen und Verträglichkeit überwiegen und Kontrollen unauffällig sind – die Indikation wird jährlich geprüft.
Ja. Lokale Östrogene wirken hier gezielt und mit sehr geringer systemischer Belastung.
Zur allgemeinen Prävention wird sie nicht empfohlen. Im Vordergrund steht die Behandlung belastender Beschwerden während der Wechseljahre.
Was ist …? – Begriffe kurz erklärt
Vasomotorische Beschwerden: Hitzewallungen und Nachtschweiß durch die Umstellung des Wärmehaushalts im Gehirn. Diese Beschwerden sind typisch in der Peri‑/Postmenopause.
Transdermal: Aufnahme über die Haut (Pflaster, Gel, Spray); umgeht die Leber und führt zu stabileren Hormonspiegeln.
Endometrium: Das ist die Schleimhaut der Gebärmutter. Sie wird durch reines Östrogen angeregt, weshalb bei vorhandener Gebärmutter ein Gestagen notwendig ist, um sie zu schützen.
Quellen
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