H1 Gürtelrose, Zoster
Gürtelrose, auch bekannt als Herpes zoster, ist eine Virus-Infektion, die durch die Reaktivierung des Windpocken-Virus verursacht wird. Das Virus verbleibt nach einer Windpocken-Infektion (meist im Kindesalter) im Körper und kann später im Leben wieder aktiv werden, insbesondere bei Menschen mit geschwächtem Immunsystem. In diesem Blogpost wird erläutert, wie Gürtelrose diagnostiziert und behandelt wird, welche Komplikationen auftreten können und wie man der Krankheit mit einer Impfung gut vorbeugen kann.
Was ist Gürtelrose?
Gürtelrose entsteht, wenn das Varizella-Zoster-Virus (VZV), das nach einer Windpocken-Infektion im Körper verbleibt, reaktiviert wird. Diese Reaktivierung führt zu einem schmerzhaften Ausschlag, der typischerweise in einem gürtelförmigen Muster auf einer Seite des Körpers auftritt. Der Ausschlag beginnt oft mit Schmerzen, Brennen oder Kribbeln in einem bestimmten Hautbereich, gefolgt von der Bildung von Bläschen, die später verkrusten und abheilen.
Entstehung der Gürtelrose
Das Varizella-Zoster-Virus aus der Familie der Herpesviren verursacht bei einer Primärinfektion die Windpocken (Varizellen). Nach der Erstinfektion verbleibt das Virus lebenslang in den Nervenzellen des Rückenmarks und der Hirnnerven in einem Schlummer-Zustand. Wenn das Immunsystem geschwächt ist, kann das Virus reaktiviert werden und entlang der Nervenfasern zur Haut wandern, wo es die typischen Symptome der Gürtelrose verursacht.
Häufigkeit der Gürtelrose
Die Häufigkeit der Gürtelrose steigt mit dem Alter. In Deutschland erkranken jährlich etwa 6 bis 10 von 1000 Personen an Gürtelrose, wobei die Häufigkeit ab dem 50. Lebensjahr stark zunimmt. Frauen sind etwas häufiger betroffen als Männer. Interessanterweise wurde festgestellt, dass das Auftreten von Gürtelrose bei Personen, die als Kinder gegen Windpocken geimpft wurden, geringer ist als bei nicht geimpften Personen. Etwa 30 % der Menschen, die mit dem Varizella-Zoster-Virus infiziert sind bzw. als Kinder Windpocken hatten, entwickeln im Laufe ihres Lebens eine Gürtelrose.
Symptome der Gürtelrose
Die Symptome der Gürtelrose können variieren, aber häufig treten folgende Symptome auf:
- Frühstadium: Vor dem Auftreten des Hautausschlags können unspezifische Symptome wie Müdigkeit, Fieber und brennende Schmerzen auftreten. Diese Phase dauert normalerweise 3 bis 5 Tage.
- Hautausschlag: Der typische Ausschlag beginnt als rote Flecken, die sich schnell zu Bläschen entwickeln. Diese Bläschen gruppieren sich oft und treten nur auf einer Körperseite auf.
- Schmerzen: Die Schmerzen sind oft intensiv und können brennend, stechend oder pochend sein. Sie treten häufig in dem Bereich auf, in dem der Ausschlag erscheint.
- Abheilung: Nach etwa 5 bis 7 Tagen beginnen die Bläschen zu verkrusten und heilen langsam ab, oft unter Narbenbildung.

Typische Lokalisation der Hautausschläge
Der Ausschlag tritt typischerweise in bestimmten Hautarealen, sogenannten Dermatomen, auf, die von den Nerven versorgt werden, in denen das Virus schlummert bzw. reaktiviert wurde. Am häufigsten sind die Dermatome am Brustkorb betroffen, gefolgt von den Dermatomen des Kopfes (Hirnnerven), des Halses, am Rücken und Gesäß.
Diagnose der Gürtelrose
Die Diagnose der Gürtelrose basiert meist auf dem klinischen Bild und den Symptomen, d.h. von erfahrenen Ärzten kann die Diagnose ohne weitere Untersuchungen gestellt werden. In unklaren Fällen oder bei atypischen Präsentationen kann eine labordiagnostische Bestätigung durch den Nachweis von VZV-DNA aus Bläscheninhalt oder Blut erfolgen. Diese Methode hat eine hohe Sensitivität und Spezifität.
Differenzialdiagnose der Gürtelrose
Die Symptome der Gürtelrose können anfangs unspezifisch sein und zu Fehldiagnosen führen. Differenzialdiagnostisch müssen andere Ursachen für den Schmerz und den Ausschlag in Betracht gezogen werden, wie beispielsweise Herpes simplex, bakterielle Hautinfektionen oder Kontaktdermatitis. Eine Gürtelrose ohne die typischen Bläschen kommt vor, ist aber sehr selten.
Komplikationen der Gürtelrose
Eine der häufigsten Komplikationen der Gürtelrose ist die postherpetische Neuralgie, bei der die Schmerzen auch nach Abheilen des Hautausschlags anhalten können. Weitere mögliche Komplikationen sind:
- Zoster ophthalmicus: Dieser Zustand tritt auf, wenn die Gürtelrose einen bestimmten Hirnnerv befällt, den sog. den Trigeminusnerv, insbesondere dessen ersten Ast, der das Auge versorgt. Dies kann zu schweren Augenschäden führen, einschließlich Hornhautentzündungen und dauerhaften Sehschäden.
- Zoster oticus: Wenn das Virus den Gesichtsnerv befällt, kann dies zu Hörverlust, Schwindel und Gesichtslähmung führen. Dies wird als Ramsay-Hunt-Syndrom bezeichnet.
- Neurologische Komplikationen: Einschließlich Meningitis (Hirnentzündung), Enzephalitis (Hirnhautentzündung) und Vaskulopathie (Gefäßschäden).
Infobox Postherpetische Neuralgie
Eine Neuralgie ist ein starker, oft als stechend oder einschießend beschriebener Nervenschmerz, der entlang des Verlaufs eines bestimmten Nervs oder in dem von ihm versorgten Gebiet auftritt. Neuralgien können sehr intensiv und belastend sein, treten häufig anfallartig auf und beeinträchtigen oft erheblich die Lebensqualität der Betroffenen. Die postherpetische Neuralgie (PHN) ist die häufigste Komplikation der Gürtelrose. Sie tritt auf, wenn die Schmerzen auch nach Abheilen des Hautausschlags anhalten. Risikofaktoren für die Entwicklung einer PHN sind ein höheres Alter, ein schwerer Hautausschlag und starke Schmerzen während die Gürtelrose in voller Blüte ist.Risikofaktoren für schwere Verläufe der Gürtelrose
Verschiedene Faktoren können das Risiko für schwere Verläufe und Komplikationen der Gürtelrose erhöhen:
- Alter: Personen über 50 Jahre haben ein erhöhtes Risiko.
- Immunsuppression: Patienten mit geschwächtem Immunsystem, z.B. aufgrund von Krankheiten wie HIV oder aufgrund von immunsuppressiver Therapie bei rheumatoider Arthritis.
- Chronische Krankheiten: Diabetes mellitus, chronische Niereninsuffizienz und chronisch obstruktive Lungenerkrankung.
Therapie der Gürtelrose
Eine frühzeitige antivirale Therapie innerhalb der ersten 72 Stunden nach Auftreten des Ausschlags kann die Symptome lindern und das Risiko für Komplikationen verringern. Zu den Medikamenten gehören:
- Aciclovir
- Valaciclovir
- Famciclovir
- Brivudin
Die Wahl des antiviralen Medikaments und die Art der Verabreichung hängen vom Schweregrad der Erkrankung und dem Gesundheitszustand des Patienten ab. Aciclovir kann bei schweren Fällen intravenös verabreicht werden, während Valaciclovir und Famciclovir meist oral eingenommen werden. Diese Medikamente wirken, indem sie die Virusvermehrung hemmen, was zu einer schnelleren Heilung und einer Verringerung der Schmerzintensität führt.
Dauer der Behandlung
Die Behandlung mit antiviralen Medikamenten dauert in der Regel 7 bis 10 Tage. Bei immungeschwächten Patienten oder bei schwerem Krankheitsverlauf kann eine längere Behandlungsdauer erforderlich sein, um Komplikationen zu verhindern.
Zusätzliche Maßnahmen bei Gürtelrose – Schmerzbehandlung
Zusätzlich zur antiviralen Behandlung ist eine effektive Schmerztherapie entscheidend. Akute Schmerzen können mit nichtsteroidalen Antirheumatika und Opioiden behandelt werden. Neuropathische Schmerzen, die oft brennend oder stechend sind, erfordern oft eine Behandlung mit Antikonvulsiva wie Gabapentin oder Pregabalin. Diese Medikamente wirken, indem sie die Überaktivität der Nervenzellen, die Schmerzen verursachen, reduzieren. Antidepressiva wie Amitriptylin können ebenfalls zur Schmerzbewältigung beitragen, indem sie die Schmerzverarbeitung im Gehirn beeinflussen. Eine schnelle und effektive Schmerzbehandlung kann das Risiko für die Entwicklung einer postherpetischen Neuralgie verringern.
Gürtelrose durch Impfung verhindern
Die effektivste Methode zur Prävention der Gürtelrose ist die Impfung. Seit 2018 steht ein Totimpfstoff zur Verfügung, sehr effektiv und gut verträglich. Die Ständige Impfkommission (STIKO) empfiehlt die Impfung für:
- Alle Erwachsenen ab 60 Jahren: Als Standardimpfung.
- Erwachsene ab 50 Jahren: Mit bestimmten Risikofaktoren wie Immunsuppression oder chronischen Krankheiten.
Die Impfung gegen Gürtelrose ist besonders wichtig für ältere Erwachsene und Personen mit geschwächtem Immunsystem. Der Totimpfstoff hat sich als wirksam erwiesen, um das Risiko für Gürtelrose und die postherpetische Neuralgie signifikant zu reduzieren. Die Impfung wird in zwei Dosen im Abstand von zwei bis sechs Monaten verabreicht.

Vorteile der Impfung
Die Impfung bietet mehrere Vorteile:
- Reduktion des Risikos für Gürtelrose: Die Impfung reduziert das Risiko, an Gürtelrose zu erkranken, um mehr als 90 %.
- Schutz vor postherpetischer Neuralgie: Die Impfung verringert auch das Risiko, an postherpetischer Neuralgie zu leiden, erheblich.
- Lang anhaltender Schutz: Der Impfschutz hält mehrere Jahre an, und Studien zeigen, dass die Wirksamkeit auch bei älteren Erwachsenen über 70 Jahre hoch bleibt.
Fazit
Quellen
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