Wie wirkt Insulin auf das Gehirn?
Insulin wirkt nicht nur auf den Blutzucker, sondern hat auch wichtige Funktionen im Gehirn. Es unterstützt Lernprozesse, Gedächtnisbildung und das emotionale Gleichgewicht, indem es unter anderem die Signalübertragung zwischen Nervenzellen stärkt und das Belohnungssystem beeinflusst.
Schnelles Wissen
Wie wirkt sich Insulin auf die psychische Gesundheit aus?
Insulin beeinflusst nicht nur das Denken und Erinnern, sondern spielt auch eine wichtige Rolle für unsere seelische Verfassung. Ein gesunder Insulinhaushalt trägt dazu bei, dass wir uns motiviert, ausgeglichen und emotional stabil fühlen. Umgekehrt kann eine gestörte Insulinwirkung im Gehirn die Stimmung trüben und psychische Erkrankungen wie Depressionen begünstigen.
Insulin und das Belohnungssystem
Insulin moduliert das Dopamin-System im Gehirn. Bei Insulinresistenz kann dieses System aus dem Gleichgewicht geraten, wodurch positive Reize weniger intensiv erlebt werden. Das ist ein typisches Merkmal depressiver Verstimmungen und könnte erklären, warum Menschen mit Diabetes ein erhöhtes Risiko für Depressionen aufweisen.
Studienlage zu Diabetes und Depression
Untersuchungen zeigen, dass Menschen mit Typ-2-Diabetes deutlich häufiger an Depressionen leiden als Stoffwechselgesunde. Umgekehrt zeigen auch viele depressive Menschen eine reduzierte Insulinsensitivität. Dieser bidirektionale Zusammenhang verdeutlicht, wie eng psychische Gesundheit und Insulinhaushalt miteinander verknüpft sind.
Entzündung als gemeinsamer Nenner
Chronische Entzündungen, wie sie bei Insulinresistenz oft vorkommen, spielen auch bei der Entstehung psychischer Erkrankungen eine Rolle. Sie können die Funktion von Botenstoffen wie Serotonin stören – ein möglicher Auslöser für depressive Symptome.
Welcher Zusammenhang besteht zwischen Insulin und Demenz?
Bei Demenz liegt ein besonderer Fokus auf den sogenannten Beta-Amyloid-Ablagerungen. Diese Eiweißstoffe lagern sich bei Alzheimer vermehrt im Gehirn ab und stören die Funktion der Nervenzellen. Insulin spielt eine wichtige Rolle beim Abbau von Beta-Amyloid. Wenn jedoch eine Insulinresistenz vorliegt, ist dieser „Reinigungsmechanismus“ gestört. In der Folge kommt es zu einer verstärkten Anhäufung der toxischen Eiweiße, was den fortschreitenden Verlust von Nervenzellen und kognitiven Fähigkeiten bis hin zur Entwicklung von Demenz begünstigen kann.

Wie wirkt sich Insulin auf das Gedächtnis aus?
Mitochondrien sind die „Kraftwerke“ der Zellen und spielen eine wichtige Rolle bei der Energieproduktion. Neuronen, die Zellen des Gehirns, sind besonders abhängig von einer stabilen Energieversorgung, da sie extrem aktiv sind und viel Energie benötigen. Insulin hilft den Mitochondrien, effizient zu arbeiten, indem es den Glukosetransport in die Zellen unterstützt und die Produktion von ATP, der Energieeinheit der Zelle, fördert.
Wenn jedoch eine Insulinresistenz besteht, funktioniert dieser Prozess nicht mehr reibungslos. Die Mitochondrien arbeiten weniger effizient und produzieren weniger Energie, was die Neuronen schwächt. Dies kann zu einer Beschleunigung neurodegenerativer Prozesse führen, da die Zellen nicht mehr in der Lage sind, die notwendigen Funktionen wie die Reparatur von Zellschäden und die Produktion von Neurotransmittern, den Botenstoffen zwischen den Hirnzellen, aufrechtzuerhalten. Außerdem steigt in einem solchen Zustand der oxidative Stress, was die Zellen zusätzlich belastet und die Alterungsprozesse im Gehirn beschleunigt.
Insulin und kognitive Funktionen
Insulin hat auch eine direkte Wirkung auf kognitive Funktionen wie Gedächtnis und Lernen. In Tiermodellen hat sich gezeigt, dass Insulin die Bildung von Synapsen, die mittels Botenstoffen die Kommunikation zwischen den Zellen ermöglicht, in einem Gehirnareal fördert, das für die Gedächtnisbildung unerlässlich ist. Insulin stimuliert dabei einen Mechanismus, der die Fähigkeit des Gehirns zur Informationsspeicherung verbessert.
Infobox Kognition
Kognition bezeichnet alle mentalen Prozesse, die mit dem Denken, Erkennen, Erinnern und Verstehen zusammenhängen. Es umfasst also Fähigkeiten wie das Lernen, das Problemlösen, das Treffen von Entscheidungen und das Erinnern an Informationen. Kurz gesagt, Kognition ist alles, was mit unserem Gehirn und dem Verarbeiten von Informationen zu tun hat.Studien am Menschen haben gezeigt, dass eine Störung des Insulinstoffwechsels mit einer Verschlechterung des Gedächtnisses und einer geringeren Gehirnleistung in Verbindung steht. Besonders betroffen sind Menschen mit Diabetes oder Adipositas, bei denen das Ansprechen der Organe auf Insulin gestört ist. Die gute Nachricht ist, dass durch Maßnahmen wie Gewichtsabnahme, gesunde Ernährung und körperliche Aktivität die Insulinsensitivität verbessert und damit auch die kognitive Leistungsfähigkeit gesteigert werden kann.
Der Zusammenhang zwischen Ernährung, Insulin und Gehirngesundheit
Eine der besten Möglichkeiten, die Insulinsensitivität zu verbessern und die Gehirngesundheit zu fördern, ist eine gesunde Ernährung. Es gibt Hinweise darauf, dass bestimmte Ernährungsweisen, insbesondere solche, die reich an Omega-3-Fettsäuren, Antioxidantien und Ballaststoffen sind, die Insulinsensitivität unterstützen und gleichzeitig das Risiko für neurodegenerative Erkrankungen senken können.

Besonders empfehlenswert ist die mediterrane Ernährung, die reich an gesunden Fetten, Obst, Gemüse und Vollkornprodukten ist. Diese Ernährungsweise kann nicht nur den Blutzucker stabilisieren, sondern auch die allgemeine Gehirnfunktion verbessern, indem sie Entzündungen reduziert und den oxidativen Stress im Gehirn minimiert. Auch der Verzicht auf industriell stark verarbeitete Lebensmittel und Zucker kann helfen, die Insulinresistenz zu verringern und die mentale Gesundheit zu unterstützen.
Neue Therapieansätze: Intranasales Insulin
Aufgrund der wachsenden Erkenntnisse über die Rolle von Insulin im Gehirn wird auch nach neuen Therapieansätzen gesucht, um Insulinresistenz gezielt zu behandeln. Eine vielversprechende Methode ist die Verabreichung von Insulin mittels Spray über die Nase. Dabei wird Insulin über die Nasenschleimhaut direkt ins Gehirn transportiert, um dort seine positive Wirkung auf die Nervenzellen zu entfalten. Erste Studien haben gezeigt, dass diese Methode bei Menschen mit leichter kognitiver Beeinträchtigung oder beginnender Alzheimer-Erkrankung die Gedächtnisleistung verbessern kann.
Obwohl noch weitere Forschung nötig ist, um die Langzeitwirkung dieser Behandlung zu bestätigen, zeigen die bisherigen Ergebnisse großes Potenzial.
Fazit
Quellen
Zhao, W., Chen, H., Xu, H., Moore, E., Meiri, N., Quon, M.J., & Alkon, D.L. Brain insulin receptors and spatial memory. J. Biol. Chem., 1999, 274, 34893–34902
Banks, W.A., Owen, J.B., Erickson, M.A. Insulin in the brain: There and back again. Pharmacol. Ther., 2012, 136, 82–9
de la Monte, S.M., & Wands, J.R. Review of insulin and insulin-like growth factor expression, signaling, and malfunction in the central nervous system: relevance to Alzheimer’s disease. J. Alzheimers Dis., 2005, 7:45–61
Ghasemi, R., Haeri, A., Dargahi, L., Mohamed, Z., & Ahmadiani, A. Insulin in the Brain: Sources, Localization and Functions. Mol. Neurobiol., 2013, 47, 145–171
Salas, I.H., & De Strooper, B. Diabetes and Alzheimer’s Disease: A Link not as Simple as it Seems. Neurochem. Res., 2018, 44, 1271–1278
Talbot, K., Wang, H.-Y., Kazi, H., Han, L.-Y., et al. Demonstrated brain insulin resistance in Alzheimer’s disease patients is associated with IGF-1 resistance, IRS-1 dysregulation, and cognitive decline. J. Clin. Investig., 2012, 122, 1316–1338
Zhao, L., Teter, B., Morihara, T., Lim, G.P., et al. Insulin-degrading enzyme as a downstream target of insulin receptor signaling cascade: implications for Alzheimer’s disease intervention. J. Neurosci., 2004, 24:11120–6
Bayes, J., Schloss, J., Sibbritt, D. The effect of a Mediterranean diet on the symptoms of depression in young males (the “AMMEND” study): a randomized controlled trial. Am. J. Clin. Nutr., 2022, 116(2):572–580
Ekblad, L.L., Rinne, J.O., Puukka, P., et al. Insulin resistance predicts cognitive decline: An 11-year follow-up of a nationally representative adult population sample. Diabetes Care, 2017, 40, 751–758