Medikamentöse Unterstützung bei Adipositas und Diabetes
Adipositas ist ein weltweit wachsendes Gesundheitsproblem, das weitreichende Konsequenzen für Betroffene und Gesundheitssysteme hat. Neben den körperlichen Beschwerden wie Typ-2-Diabetes, Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Gelenkproblemen leiden viele auch unter sozialer Stigmatisierung. Umso wichtiger ist es, effektive Behandlungsansätze zu entwickeln, die nicht nur auf Lebensstiländerungen basieren, sondern auch pharmakologische Unterstützung einbeziehen. Dieser Artikel beleuchtet die neuesten medikamentösen Ansätze zur Behandlung von Adipositas und ihrer Begleiterkrankungen, insbesondere Diabetes.
Schnelles Wissen
Was hat Adipositas mit Diabetes zu tun?
Adipositas ist eine chronische Erkrankung, die mit schwerwiegenden gesundheitlichen Risiken einhergeht. Laut aktuellen Studien erhöht Adipositas das Risiko für Typ-2-Diabetes, Herzinfarkte, Schlaganfälle und sogar neurodegenerative Erkrankungen wie Alzheimer erheblich. Eine Gewichtsabnahme von nur 5–10 % kann jedoch bereits signifikante Verbesserungen bei Blutdruck, Blutzucker und Cholesterin bewirken.
Trotz der Wirksamkeit von Diät- und Bewegungsprogrammen zeigt die Praxis, dass viele Menschen Schwierigkeiten haben, diese langfristig umzusetzen. Hier bieten Medikamente eine wertvolle Ergänzung, um Betroffenen zu helfen, ihre Ziele zu erreichen und nachhaltig Gewicht zu verlieren.
BMI-Rechner
Gewichtskategorie | BMI | Risiko für Begleiterkrankungen |
---|---|---|
Untergewicht | < 18,5 | Niedrig |
Normalgewicht | 18,5 – 24,9 | Durchschnittlich |
Übergewicht | ≥ 25 | |
Präadipositas | 25 – 29,9 | Gering erhöht |
Adipositas Grad I | 30 – 34,9 | Erhöht |
Adipositas Grad II | 35 – 39,9 | Hoch |
Adipositas Grad III | ≥ 40 | Sehr hoch |
Welche Medikamente kommen bei Adipositas zum Einsatz?
GLP-1-Rezeptoragonisten: Die Revolution in der Therapie der Adipositas
Glucagon-like-Peptid-1 (GLP-1)-Rezeptoragonisten wie Semaglutid und Liraglutid haben die Behandlung von Adipositas revolutioniert. Diese Medikamente wirken, indem sie den Appetit reduzieren, das Sättigungsgefühl verlängern und die Magenentleerung verlangsamen. Studien zeigen beeindruckende Ergebnisse: Patienten verlieren im Durchschnitt bis zu 15 % ihres Körpergewichts. Darüber hinaus verbessern GLP-1-Agonisten auch die Blutzuckerkontrolle und das Herz-Kreislauf-Risiko.
Metformin: Ein Klassiker mit zusätzlichen Vorteilen
Metformin ist seit Jahrzehnten das Mittel der Wahl bei Typ-2-Diabetes, zeigt jedoch auch positive Effekte bei der Behandlung von Adipositas. Es senkt den Blutzucker, verbessert die Insulinsensitivität und reduziert das Hungergefühl. Besonders bei Patienten mit Prädiabetes oder polyzystischem Ovarialsyndrom ist Metformin eine wertvolle Option.
Kombinationspräparate: Doppelte Wirkung für bessere Ergebnisse
Kombinationstherapien wie Phentermin-Topiramat oder Naltrexon-Bupropion setzen an verschiedenen Stellen im Körper an. Während Phentermin den Appetit unterdrückt, senkt Topiramat das Verlangen nach kalorienreicher Nahrung. Ähnlich wirkt Naltrexon-Bupropion, das zudem bei der Behandlung von Depressionen und Suchterkrankungen eingesetzt werden kann.
Warum verlieren Patienten durch Orlistat an Gewicht?
Orlistat ist ein Medikament, das die Aufnahme von Fett im Darm blockiert. Etwa ein Viertel des verzehrten Fetts wird unter Orlistat nicht vom Körper genutzt und stattdessen direkt mit dem Stuhl wieder ausgeschieden. Obwohl es weniger effektiv als GLP-1-Agonisten ist, bleibt es eine Alternative, insbesondere für Patienten, die andere Medikamente nicht vertragen. Allerdings sind Nebenwirkungen wie Durchfall und Blähungen häufig, weshalb nicht wenige Patienten die Einnahme wieder beenden.
Welche Rolle spielt die Pharmakotherapie bei Diabetes?
Die pharmakologische Behandlung von Adipositas hat oft positive Auswirkungen auf Diabetes. GLP-1-Agonisten verbessern nicht nur die Gewichtsabnahme, sondern auch die Blutzuckerkontrolle und reduzieren das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Metformin, das erste Medikament bei Typ-2-Diabetes, zeigt ebenfalls zusätzliche Vorteile, wie eine Reduktion von Entzündungsmarkern und das Potenzial, das Risiko für für Demenzerkrankungen wie Alzheimer zu senken.

Fazit
- Adipositas ist eine chronische Erkrankung mit hohen gesundheitlichen Risiken – u. a. für Diabetes, Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Alzheimer.
- GLP-1-Rezeptoragonisten wie Semaglutid (Wegovy®) sind besonders wirksam: Sie fördern Gewichtsverlust, verbessern Blutzuckerwerte und senken das Herz-Kreislauf-Risiko.
- Metformin bleibt eine zentrale Therapie bei Typ-2-Diabetes und kann auch beim Abnehmen helfen.
- Kombinationspräparate bieten individuelle Therapieoptionen, wirken aber unterschiedlich gut und haben teils relevante Nebenwirkungen.
- Herausforderungen sind u. a. hohe Kosten, eingeschränkter Zugang und fehlende Langzeitdaten bei neuen Medikamenten.
FAQ
GLP-1-Agonisten wie Semaglutid haben sich als besonders wirksam erwiesen – mit bis zu 15 % Gewichtsverlust im Durchschnitt.
Nein. Es gibt klare Indikationen. Meist werden sie bei einem BMI ≥30 oder ≥27 mit Begleiterkrankungen verschrieben. Die Verträglichkeit und Vorerkrankungen spielen ebenfalls eine Rolle.
Langzeitstudien deuten darauf hin, dass der Therapieerfolg nach Absetzen oft zurückgeht. Eine dauerhafte Einnahme kann erforderlich sein, muss aber individuell geprüft werden.
Die Kosten liegen bei mehreren Hundert Euro monatlich. In Deutschland werden sie derzeit oft nicht von den gesetzlichen Krankenkassen übernommen, außer bei Diabetes.
GLP-1-Agonisten verursachen oft Übelkeit, Erbrechen und Verdauungsbeschwerden. Orlistat kann zu Durchfall und Fettstuhl führen. Jede Therapie sollte ärztlich begleitet werden.
Bei Prädiabetes oder PCOS (polyzystisches Ovarialsyndrom) zeigt Metformin Effekte auf das Gewicht. Eine Off-Label-Nutzung sollte jedoch sorgfältig abgewogen werden.
Das ist die vielversprechendste Strategie. Studien zeigen, dass eine Kombination aus Medikamenten, Ernährungstherapie und Bewegung die besten langfristigen Ergebnisse liefert.
Lebensstilmaßnahmen sind und bleiben die Basis jeder Adipositastherapie. "Natürliche" Präparate zeigen bislang keine vergleichbare Wirksamkeit wie zugelassene Medikamente.
Quellen
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