Fibromyalgie – Wenn unsichtbare Schmerzen den Alltag bestimmen

Fibromyalgie ist ein anerkanntes chronisches Schmerzsyndrom.

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Fibromyalgie ist ein rätselhaftes Leiden, das Millionen Menschen weltweit betrifft, aber oft missverstanden und belächelt wird, obwohl es sich alles andere als um eine eingebildete Krankheit handelt. Vielmehr ist die Fibromyalgie ein anerkanntes chronisches Schmerzsyndrom, bei dem durch ein komplexes Zusammenspiel von körperlichen und psychischen Symptome das Leben der Betroffenen erheblich beeinträchtigt wird.  Fibromyalgie ist darüber hinaus mehr als „nur“ Schmerzen. Der Artikel beleuchtet den aktuellen wissenschaftlichen Stand zur Fibromyalgie und stellt moderne Behandlungskonzepte vor, die darauf abzielen, die Lebensqualität der Betroffenen nachhaltig zu verbessern.

Warum tut bei der Fibromyalgie alles weh?

Die genauen Ursachen der Fibromyalgie sind nicht vollständig geklärt, man weiß aber, dass verschiedene Faktoren zusammenwirken. Es ist wichtig zu verstehen, dass die Fibromyalgie keine entzündliche Erkrankung ist und auch nicht primär die Muskeln oder Gelenke betrifft. Vielmehr handelt es sich um eine Störung der Schmerzverarbeitung im Nervensystem, die zu im Körper weit verbreiteten Schmerzen und anderen Symptomen führt. Folgende Aspekte spielen dabei eine wichtige Rolle:

Zentrale Sensibilisierung: Das zentrale Nervensystem reagiert überempfindlich auf Schmerzreize. Dadurch werden normale, eigentlich nicht schmerzhafte Reize wie zum Beispiel eine Berührung als schmerzhaft empfunden (Allodynie) und Schmerzreize werden stärker wahrgenommen als üblich (Hyperalgesie).

Gestörte Schmerzhemmung: Die körpereigenen Mechanismen zur Schmerzhemmung funktionieren bei Fibromyalgie-Patienten nicht richtig.

Veränderungen bei Botenstoffen: Bei Fibromyalgie-Patienten wurden Abweichungen in den Konzentrationen bestimmter Botenstoffe im Nervensystem festgestellt (Neurotransmitter). Beispielsweise wurden erniedrigte Spiegel von Serotonin-Stoffwechselprodukten im Nervenwasser gefunden.

Veränderungen im Unterhautgewebe: Studien haben gezeigt, dass die Anzahl und Zusammensetzung der sensiblen Nervenenden im Unterhautbindegewebe bei Fibromyalgie-Patienten verändert sein können.

Psychosoziale Faktoren: Stress und frühere Schmerzerfahrungen können ebenfalls eine Rolle bei der Entstehung und Aufrechterhaltung der Fibromyalgie spielen.

Bei Menschen mit Fibromyalgie funktioniert also die Schmerzverarbeitung im Gehirn und Rückenmark anders, die Schmerzschwelle ist deutlich niedriger ist als bei gesunden Menschen.

Die Rolle des Gehirns

Studien haben gezeigt, dass sich bei Menschen mit Fibromyalgie bestimmte Bereiche des Gehirns, die für die Schmerzverarbeitung zuständig sind, verändert haben. Diese Veränderungen betreffen vor allem den vorderen Teil des Gehirns, der bei der Schmerzbewertung und -kontrolle eine wichtige Rolle spielt. Auch die Verbindung zwischen verschiedenen Gehirnregionen, die an der Schmerzverarbeitung beteiligt sind, ist gestört.

Die Rolle der Gene

Neben den Veränderungen im Gehirn spielen bei der Entwicklung einer Fibromyalgie auch genetische Faktoren eine Rolle, da die Erkrankung häufig familiär gehäuft auftritt. Angehörige von Fibromyalgie-Patienten haben ein etwa achtfach erhöhtes Risiko, selbst an Fibromyalgie zu erkranken. Umwelteinflüsse wie chronischer Stress, traumatische Erlebnisse oder anhaltende körperliche Belastungen können ebenfalls zur Entstehung beitragen. Zudem werden Zusammenhänge mit Störungen des Immunsystems und des Hormonhaushalts, insbesondere der Stresshormonachse, diskutiert. Nicht zuletzt können auch psychosoziale Faktoren wie Depression, Angststörungen oder ein ungünstiger Umgang mit Schmerzen die Entwicklung und Aufrechterhaltung einer Fibromyalgie begünstigen.

Symptome und Befunde

Die Symptome der Fibromyalgie sind vielfältig und können von Person zu Person variieren, was die Diagnose oft erschwert. Charakteristisch für diese chronische Erkrankung sind weit verbreitete Schmerzen, die in verschiedenen Körperregionen auftreten und von weiteren Beschwerden begleitet werden. Im Folgenden werden die häufigsten Symptome der Fibromyalgie näher erläutert.

Generalisierte Schmerzen

Das Hauptsymptom der Fibromyalgie sind weit verbreitete Schmerzen im ganzen Körper. Die Schmerzen können durch körperliche Anstrengung oder sogar leichte Berührungen verstärkt werden. Betroffene beschreiben die Schmerzen oft als tief und pochend oder als stechend und brennend. Manchmal fühlen sich die Muskeln steif und verkrampft an, was häufig morgens nach dem Aufstehen besonders intensiv wahrgenommen wird (Morgensteifigkeit).

Erschöpfung und Schlafprobleme

Erschöpfung und Schlafprobleme gehören ebenfalls zu den Kernsymptomen der Fibromyalgie und beeinträchtigen die Lebensqualität der Betroffenen erheblich. Viele Patienten berichten von einer tiefen, anhaltenden Müdigkeit, die auch durch Ruhe oder Schlaf nicht vollständig gelindert wird und oft als noch belastender empfunden wird als die Schmerzen selbst (Fatigue). Schlafstörungen äußern sich häufig in Form von Ein- und Durchschlafproblemen, nicht erholsamem Schlaf oder dem Gefühl, am Morgen wie gerädert aufzuwachen. Diese Schlafprobleme können zu einem Teufelskreis führen, da Schlafmangel die Schmerzempfindlichkeit erhöht und die Erschöpfung verstärkt, was wiederum die Fibromyalgie-Symptome insgesamt verschlimmern kann.

Gedächtnisprobleme und Stimmungsschwankungen

Gedächtnisprobleme und Stimmungsschwankungen sind weitere Symptome der Fibromyalgie, die die Betroffenen in ihrem täglichen Leben beeinträchtigen. Viele Patienten berichten von Konzentrations- und Gedächtnisproblemen, die als „Fibro-Fog“ bezeichnet werden. Diese Symptome äußern sich in Form von Schwierigkeiten, sich zu konzentrieren, zu erinnern oder einfache Aufgaben zu erledigen. Darüber hinaus treten bei Fibromyalgie-Patienten häufig Stimmungsschwankungen auf, wie Depressionen, Angstzustände oder plötzliche Stimmungswechsel. Diese Stimmungsschwankungen können durch die chronische Schmerzbelastung, die Erschöpfung und die Beeinträchtigung der Lebensqualität verstärkt werden.

Weitere Symptome

Fibromyalgie kann neben den weit verbreiteten Schmerzen, Erschöpfung und Schlafstörungen auch eine Vielzahl weiterer Symptome verursachen, die das Leben der Betroffenen zusätzlich belasten. Dazu gehören unter anderem:

Kopfschmerzen und Migräne

Nicht wenige Fibromyalgie-Patienten leiden unter starken, oft einseitigen Kopfschmerzen, die mit Übelkeit, Licht- und Lärmempfindlichkeit einhergehen können. Diese Beschwerden treten häufig in Form von Migräneattacken auf und können die Lebensqualität erheblich einschränken.

Verdauungsprobleme

Magen-Darm-Beschwerden wie Reizdarmsyndrom, Sodbrennen, Appetitlosigkeit und Übelkeit sind bei Fibromyalgie ebenfalls weit verbreitet. Die genauen Ursachen dafür sind nicht vollständig geklärt, aber es wird vermutet, dass die gestörte Schmerzverarbeitung auch die Funktion des Verdauungssystems beeinflussen kann.

Schwindel und Taubheitsgefühle

Einige Fibromyalgie-Patienten berichten über Schwindel, Gleichgewichtsstörungen und Taubheitsgefühle in verschiedenen Körperregionen. Diese Symptome können durch die chronische Schmerzbelastung und Verspannungen im Nacken- und Schulterbereich verstärkt werden.

Diese zusätzlichen Beschwerden zeigen, dass Fibromyalgie weit mehr ist als „nur“ Schmerzen bedeutet. Die vielfältigen Symptome führen zu einer massiven Beeinträchtigung der Lebensqualität und erschweren den Umgang mit der chronischen Erkrankung.

Klassifikationskriterien und Diagnose der Fibromyalgie

Die Diagnose der Fibromyalgie basiert auf einer sorgfältigen Beurteilung der Symptome und dem Ausschluss anderer möglicher Ursachen für die Beschwerden. Die Klassifikationskriterien, die vom American College of Rheumatology entwickelt wurden (ACR-2010-Kriterien), bieten eine strukturierte Vorgehensweise zur Diagnose dieser komplexen Erkrankung.

Die Diagnose der Fibromyalgie basiert auf einer sorgfältigen Beurteilung der Symptome .

ACR-2010-Kriterien der Fibromyalgie

In den letzten Jahren wurden die Diagnosekriterien angepasst, um die Erkennung der Fibromyalgie zu erleichtern. Jetzt wird auch ein Symptomfragebogen verwendet, der den Widespread Pain Index (WPI) und die Symptom Severity Scale (SSS) umfasst. Diese neuen Kriterien berücksichtigen nicht nur die Schmerzpunkte, sondern auch die Schwere anderer Symptome wie Erschöpfung und Schlafstörungen.

Schmerzindex (WPI)

Der weit verbreitete Schmerzindex (WPI) ist ein Maß für die Anzahl der Körperregionen, in denen eine Person Schmerzen hat. Es gibt insgesamt 19 Regionen, und der Patient wird gebeten, anzugeben, ob er in den letzten sieben Tagen Schmerzen in diesen Regionen hatte. Jede Region, die schmerzt, zählt als ein Punkt. Die Punkte werden dann zusammengezählt, um den WPI zu berechnen, der zwischen 0 und 19 liegen kann.

Symptom-Schweregrad-Skala (SSS)

Die Symptom-Schweregrad-Skala (SSS) bewertet die Schwere von drei Hauptsymptomen:

  • Erschöpfung: wie müde oder ausgelaugt sich die Person fühlt
  • Nicht erholsamer Schlaf: wie schlecht oder unruhig der Schlaf ist
  • Kognitive Problem: Schwierigkeiten mit Denken oder Gedächtnis, oft als „Fibro-Fog“ bezeichnet

Jedes dieser Symptome wird auf einer Skala von 0 bis 3 bewertet:

  • 0: kein Problem
  • 2: mäßige, häufige Probleme
  • 3: schwere, ständige Probleme

Zusätzlich werden allgemeine körperliche Symptome wie Kopfschmerzen, Bauchschmerzen und Schwindel auf einer Skala von 0 bis 3 bewertet. Der SSS-Score kann somit zwischen 0 und 12 liegen.

Kombination von WPI und SSS

Um die Diagnosekriterien zu erfüllen, muss eine Person:

  • Einen WPI von 7 oder mehr und einen SSS von 5 oder mehr haben, oder
  • Einen WPI von 4 bis 6 und einen SSS von 9 oder mehr haben.

Generalisierte Schmerzen

Generalisiert bedeutet, dass die Schmerzen in verschiedenen Körperregionen auftreten. Die ACR-Kriterien verlangen, dass der Schmerz in mindestens vier von fünf festgelegten Körperregionen vorhanden ist:

  • Linker oberer Bereich (linke Schulter, linker Arm)
  • Rechter oberer Bereich (rechte Schulter, rechter Arm)
  • Linker unterer Bereich (linke Hüfte, linkes Bein)
  • Rechter unterer Bereich (rechte Hüfte, rechtes Bein)
  • Schultergürtelbereich (Nacken, Rücken, Brust)

Schmerzen in Kiefer, Brust und Bauch zählen nicht zur Definition der generalisierten Schmerzen.

Dauer der Symptome

Die Symptome müssen mindestens drei Monate lang auf einem ähnlichen Niveau vorhanden gewesen sein.

Ausschluss anderer Erkrankungen

Die Diagnose der Fibromyalgie kann gestellt werden, auch wenn andere Krankheiten vorhanden sind, solange die Symptome nicht durch diese Krankheiten erklärt werden können.

Tender Points

Tender Points spielen eine wichtige Rolle bei der Diagnose und Einschätzung der Schwere einer Fibromyalgie. Dabei handelt es sich um spezifische Druckpunkte am Körper, die bei Fibromyalgie-Patienten besonders schmerzhaft sind.

Trigger Points spielen eine wichtige Rolle bei der Diagnose und Einschätzung der Schwere einer Fibromyalgie.

Lokalisation der Tender Points

Tender Points befinden sich an definierten Muskel-Sehnen-Übergängen und Sehnenansätzen. Es gibt insgesamt 18 Tender Points, die paarweise an beiden Körperhälften, also rechts und links, lokalisiert sind:

  • Hinterer Teil des Schädels
  • Vordere Halsmuskulatur
  • Mitte des Schlüsselbeins
  • Oberer Teil des Brustkorbs
  • Oberarme
  • Gesäßfalten
  • Oberschenkel
  • Kniegelenke

Bedeutung für die Diagnose

Früher galten Tender Points als wichtiges diagnostisches Kriterium für Fibromyalgie. Laut den ACR-Kriterien von 1990 mussten mindestens 11 der 18 Punkte bei Druck schmerzhaft sein, um die Diagnose Fibromyalgie zu stellen.

Heute ist das Vorhandensein von Tender Points für die Diagnosestellung nicht mehr zwingend erforderlich. Stattdessen werden generalisierte Schmerzen in Kombination mit weiteren Symptomen wie Müdigkeit, Schlafstörungen und kognitive Beeinträchtigungen berücksichtigt. Die Anzahl und Druckschmerzhaftigkeit der Tender Points kann jedoch Hinweise auf die Schwere der Fibromyalgie geben. Tender Points sind zudem ein wichtiges Instrument, um den Verlauf der Erkrankung zu beurteilen und den Erfolg von Behandlungsmaßnahmen zu überprüfen. Sie ermöglichen es dem Arzt, die Schmerzintensität zu objektivieren und zu dokumentieren.

Update zur Diagnostik 24.01.2025

Neue Erkenntnisse bei Fibromyalgie: Potenzielle Biomarker entdeckt

Forscher der Universität Würzburg haben Moleküle im Blut und in der Haut entdeckt, die für die Diagnose von Fibromyalgie nützlich sein könnten. Diese sogenannten microRNAs und tRNA-Fragmente kommen bei Fibromyalgie-Patientinnen häufiger vor als bei gesunden Frauen. Sie stehen auch in Zusammenhang mit der Schwere der Krankheitssymptome, wie der Intensität und Ausbreitung von Schmerzen.

Eine Verbindung zu Nervenschäden, die häufig bei Fibromyalgie beschrieben werden, wird ebenfalls vermutet. Darüber hinaus scheinen die entdeckten Moleküle eine Rolle im Immunsystem zu spielen, was weitere Einblicke in mögliche Ursachen der Erkrankung liefern könnte.

In der zugrunde liegenden Studie wurden 53 Frauen mit Fibromyalgie, 34 gesunde Frauen und 15 Personen mit Depressionen und chronischen Schmerzen untersucht. Die Ergebnisse bieten Hoffnung auf bessere diagnostische Möglichkeiten für eine Krankheit, die bislang schwer objektiv messbar ist.

Differenzialdiagnose der Fibromyalgie

Um eine Fibromyalgie sicher zu diagnostizieren, muss eine Vielzahl an anderen Erkrankungen ausgeschlossen werden, die ähnliche Symptome haben wie Schmerzen, Müdigkeit und Schlafstörungen. Dazu gehören u.a.:

  • Entzündlich-rheumatische Erkrankungen, z. B. rheumatoide Arthritis
  • Muskel- und Nervenerkrankungen, z. B. Polymyositis, Neuropathien
  • Hormonelle Störungen, z. B. Schilddrüsenüber- und –unterfunktion
  • Infektionen, z. B. Borreliose, Hepatitis
  • und viele weitere Erkrankungen, z. B. Anämie, Diabetes, Schlafapnoe, andere chronische Schmerzerkrankungen

Therapie der Fibromyalgie

Die Therapie der Fibromyalgie zielt darauf ab, die Symptome zu lindern und die Lebensqualität der Betroffenen zu verbessern. Eine erfolgreiche Behandlung erfordert eine individuelle, multimodale Vorgehensweise, die medikamentöse, physikalische und psychologische Maßnahmen kombiniert. Wichtig ist, dass die nicht-medikamentösen Therapien langfristig in den Alltag integriert werden. Nur so lässt sich eine dauerhafte Verbesserung der Symptome und Lebensqualität erreichen. Eine enge Zusammenarbeit zwischen Patient und Behandlungsteam ist dabei entscheidend.

Nicht-medikamentöse Therapie bei Fibromyalgie

Neben der medikamentösen Behandlung spielen bei der Fibromyalgie auch nicht-medikamentöse Maßnahmen eine wichtige Rolle.

Alternative Therapieformen wie Akupunktur, Yoga, Tai Chi oder Qigong können bei der Fibromyalgie sehr hilfreich sein.

Bewegungstherapie

Regelmäßige körperliche Aktivität ist ein Eckpfeiler der nicht-medikamentösen Fibromyalgie-Therapie. Geeignet sind vor allem Ausdauersportarten wie Schwimmen, Radfahren oder Nordic Walking. Auch Dehnübungen und Kräftigungsübungen können hilfreich sein. Wichtig ist, die Belastung langsam zu steigern und auf die individuellen Möglichkeiten abzustimmen.

Physiotherapie

Physiotherapeutische Maßnahmen wie Massagen, Wärme- oder Kälteanwendungen können die Schmerzen lindern und die Bewegungsfähigkeit verbessern. Auch Techniken wie Faszienbehandlung oder Triggerpunkt-Therapie werden eingesetzt. Die Physiotherapie sollte langfristig in den Alltag integriert werden.

Psychotherapie

Da psychische Faktoren eine wichtige Rolle bei der Fibromyalgie spielen, ist eine begleitende psychotherapeutische Behandlung sinnvoll. Kognitive Verhaltenstherapie kann helfen, mit Schmerzen und Stress besser umzugehen. Auch Entspannungsverfahren wie Progressive Muskelrelaxation oder Biofeedback können hilfreich sein.

Ergänzende Therapien

Daneben werden auch alternative Therapieformen wie Akupunktur, Yoga, Tai Chi oder Qigong eingesetzt. Die Wirksamkeit ist teilweise belegt, aber nicht für alle Patienten gleich. Auch Ernährungsumstellung und Nahrungsergänzungsmittel werden diskutiert, aber ihre Wirksamkeit ist nicht abschließend geklärt.

Medikamentöse Therapie der Fibromyalgie

Die medikamentöse Therapie der Fibromyalgie ist komplex und sollte individuell auf den Patienten abgestimmt sein. Es gibt keine spezifische Medikamenten-Zulassung für die Behandlung der Fibromyalgie, daher werden oft Medikamente „off-label“ eingesetzt. „Off-Label“ bedeutet, die Medikamente sind für die Behandlung der Fibromyalgie eigentlich nicht zugelassen, helfen aber den Patienten, weshalb sie verordnet werden.

 Schmerzmittel

  • Nicht-steroidale Antirheumatika (NSAR): Ibuprofen oder Diclofenac sind nur selten wirksam,  haben zudem oft Nebenwirkungen.
  • Paracetamol: Die Wirksamkeit ist unzureichend belegt.
  • Opioide: Schwache Opioide wie Tramadol können eingesetzt werden, starke Opioide werden jedoch nicht empfohlen.

Antidepressiva

  • Trizyklische Antidepressiva: Amitriptylin und andere können den Schlaf verbessern, Schmerzen mindern und Verspannungen lösen.
  • Serotonin-Wiederaufnahmehemmer: Fluoxetin und andere können Schmerzen und Depressionen lindern.
  • Duale Antidepressiva: Duloxetin und Milnacipran können Schmerzen und Depressionen lindern.

Andere Medikamente

  • Pregabalin: In den USA für die Behandlung der Fibromyalgie zugelassen, kann Schmerzen und Angstzustände lindern.
  • Muskelrelaxanzien: können Verspannungen lösen.

Wichtige Aspekte der medikamentösen Behandlung

  • Kein Medikament ist spezifisch für die Fibromyalgie zugelassen.
  • Medikamente sollten nur in Kombination mit nicht-medikamentösen Therapien eingesetzt werden. Betroffene müssen selbst aktiv werden und dürfen nicht nur die Medikamente auf sich einwirken lassen in der Hoffnung, das Problem Fibromyalgie wird damit verschwinden!
  • Die individuelle Anpassung der Medikation ist wichtig. Betroffene müssen also engen Kontakt zu Ihrem Arzt halten, keinesfalls die Dosierungen eigenmächtig ändern.
  • Regelmäßige Kontrollen und Anpassungen der Medikation sind notwendig.

 Selbstmanagement

Ein wesentlicher Bestandteil der Behandlung ist das Selbstmanagement. Betroffene sollten lernen, ihre Symptome zu überwachen und Strategien zu entwickeln, um mit den Beschwerden umzugehen. Dies kann durch die Teilnahme an Selbsthilfegruppen oder Schulungsprogrammen unterstützt werden. Wichtige Aspekte des Selbstmanagements bei Fibromyalgie sind:

  • Gesunde Ernährung und regelmäßige Bewegung
  • Entspannungstechniken wie Yoga und Meditation
  • Gute Schlafhygiene und regelmäßiger Schlaf-Wach-Rhythmus
  • Soziale Unterstützung durch Familie, Freunde und Selbsthilfegruppen
  • Kognitive Umstrukturierung und Änderung negativer Gedankenmuster durch Verhaltenstherapie
  • Schmerzmanagement mit Medikamenten, Wärme/Kälte und Entspannung
  • Stärkung der Gesundheitskompetenz und Eigenverantwortung
  • Enge Zusammenarbeit mit Ärzten und Therapeuten

Langfristige Aussichten

Die langfristigen Aussichten bei Fibromyalgie sind individuell unterschiedlich. Während die Erkrankung nicht heilbar ist, können die Symptome durch eine geeignete Behandlung und Selbstmanagement gelindert werden. Eine frühzeitige Diagnose und Behandlung können den Verlauf der Erkrankung positiv beeinflussen und die Lebensqualität verbessern. Bei frühzeitiger Diagnose, einer geeigneten Therapie und aktiver Mitarbeit können viele Betroffene durchaus ein relativ normales Leben führen.

Fazit

  • Fibromyalgie ist eine komplexe Erkrankung, die weit verbreitete Schmerzen und viele andere Symptome verursacht.
  • Eine frühzeitige Diagnose und ein ganzheitlicher Behandlungsansatz können die Lebensqualität der Betroffenen verbessern.
  • Nicht-medikamentöse Maßnahmen wie Bewegung und Entspannungstechniken sind entscheidend für die Therapie.
  • Medikamentöse Therapien sollten zeitlich begrenzt und in Kombination mit anderen Ansätzen angewendet werden.
  • Selbstmanagement und Unterstützung durch Selbsthilfegruppen sind wichtige Bestandteile der langfristigen Behandlung.

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