Krafttraining – mehr als nur Muskeln und Fitness
Krafttraining ist mehr als nur eine Methode, um fit zu bleiben, sondern hat auch gut untersuchte positive Auswirkungen auf viele andere gesundheitliche Aspekte. Muskeltraining trägt dazu bei, das Herz-Kreislauf-System zu stärken, den Stoffwechsel zu optimieren und das Immunsystem zu unterstützen. Darüber hinaus wirkt es sich positiv auf die mentale Gesundheit aus und senkt das Risiko für psychische Erkrankungen wie Depressionen und Angststörungen. Ein gezieltes und regelmäßiges Krafttraining gilt langfristig als eine der besten Investitionen in die eigene Gesundheit.
Warum Krafttraining wichtig ist
Beim Krafttraining wird die Muskulatur aktiviert, was zu einer Vielzahl von positiven Veränderungen im Körper führt. Die Muskeln sind nicht nur für Bewegung verantwortlich, sie produzieren auch Botenstoffe, Myokine genannt, die im Körper natürliche, medikamentenähnliche Wirkungen zeigen:

- Schutz vor Diabetes: Sie helfen, den Blutzuckerspiegel zu regulieren und verbessern die Wirkung von körpereigenem Insulin, was das Risiko für Typ-2-Diabetes senkt.
- Verbesserung des Stoffwechsels: Die Botenstoffe fördern den Fettabbau, steigern den allgemeinen Stoffwechsel und unterstützen den Körper bei der effizienten Nutzung von Energie.
- Stärkung und Muskelaufbau: Myokine unterstützen den Aufbau von Muskelmasse und die Regeneration von Geweben, was besonders nach Verletzungen wichtig ist.
- Entzündungshemmung: Die Botenstoffe helfen, systemische Entzündungen im Körper zu reduzieren, was das Risiko für chronische Erkrankungen wie Arthritis oder Herz-Kreislauf-Erkrankungen verringert.
- Schmerzlinderung: Sie wirken schmerzlindernd und unterstützen den Körper bei der Bewältigung von chronischen Schmerzen, was die Lebensqualität erheblich verbessern kann.
Durch die Kommunikation der Muskelbotenstoffe mit anderen Organen steigert Krafttraining nicht nur die körperliche Fitness, sondern ist auch ein wichtiger Faktor zur Erhaltung der allgemeinen Gesundheit.
Krafttraining zur Vorbeugung chronischer Krankheiten
Regelmäßiges Krafttraining spielt eine Rolle bei der Vorbeugung vieler chronischer Krankheiten, die durch mangelnde körperliche Aktivität begünstigt werden. Dazu zählen unter anderem:
- Typ-2-Diabetes: Regelmäßiges Krafttraining verbessert die Fähigkeit des Körpers, auf Insulin zu reagieren, und reduziert die viszerale Fettmasse (Bauchfett). Dadurch wird der Blutzuckerspiegel stabilisiert und das Risiko für Diabetes gesenkt.
- Herz-Kreislauf-Erkrankungen: Krafttraining stärkt das Herz-Kreislauf-System, verbessert die Funktion der Blutgefäße und hilft, Ablagerungen in den Arterien zu verhindern, die zu Herzinfarkten oder Schlaganfällen führen können.
- Bluthochdruck: Durch regelmäßiges Training wird der Blutdruck gesenkt, was das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen weiter reduziert.
- Depressionen und Angststörungen: Krafttraining reduziert Stresshormone wie Cortisol und fördert die Ausschüttung von Endorphinen, den „Glückshormonen“, was bei der Behandlung von Angststörungen und Depressionen hilfreich ist.
- Adipositas: Krafttraining trägt erheblich zur Gewichtsreduktion bei, indem es den Kalorienverbrauch steigert und den Stoffwechsel ankurbelt. Ein gut trainierter Muskelhaushalt erhöht die Ruheverbrennung, was langfristig zur Gewichtskontrolle beiträgt.
- Neuroplastizität und Kognition: Neuroplastizität, die Fähigkeit des Gehirns, sich zu verändern und neue Verbindungen zu schaffen, ist eng mit unserer Kognition verbunden – Denken, Lernen, Erinnern, Probleme lösen. Myokine, die durch Krafttraining freigesetzt werden, fördern die Neuroplastizität, indem sie das Wachstum neuer Nervenzellen unterstützen und dadurch kognitive Fähigkeiten verbessern. Regelmäßiges Krafttraining trägt dazu bei, das Gehirn fit und leistungsfähig zu halten.
Krafttraining als Behandlung bei degenerativen und entzündlichen Erkrankungen
Krafttraining ist nicht nur zur Prävention geeignet, sondern auch ein wirksames Mittel zur Behandlung von degenerativen (verschleißbedingten) und entzündlichen Krankheiten. Hier einige Beispiele:
- Arthrose: Verschleißbedingte Gelenkerkrankung betrifft viele Menschen, insbesondere im höheren Alter. Krafttraining stärkt die Muskeln rund um die Gelenke, verbessert die Beweglichkeit und verringert Schmerzen. Regelmäßiges Training kann das Fortschreiten einer Arthrose verlangsamen und die Notwendigkeit von Operationen hinauszögern oder gar verhindern.
- Rheumatoide Arthritis und andere Autoimmunerkrankungen: Bei Autoimmunerkrankungen greift das Immunsystem körpereigene gesunde Zellen an. Krafttraining kann durch seine entzündungshemmende Wirkung die Krankheitsaktivität reduzieren und die Lebensqualität der Betroffenen erheblich verbessern. Die Produktion von entzündungshemmenden Myokinen hilft, die Entzündungsprozesse im Körper zu dämpfen und Schmerzen zu lindern.
- Osteoporose: Krafttraining stärkt nicht nur die Muskeln, sondern auch die Knochen. Durch gezielte Belastung wird die Knochendichte erhöht, was das Risiko für Frakturen reduziert. Besonders wichtig ist das für Frauen nach den Wechseljahren, die ein erhöhtes Risiko für Osteoporose und Knochenbrüche haben.
- Chronische Schmerzen: Chronische Schmerzen können durch Muskelverspannungen und Schonhaltung verschlimmert werden. Krafttraining hilft, diese Verspannungen zu lösen, die Beweglichkeit zu verbessern und somit Schmerzen zu lindern. Durch den Aufbau von Muskeln und die Verbesserung der Körperhaltung können chronische Schmerzen behandelt werden, was die Abhängigkeit von Schmerzmitteln reduziert.
Krafttraining und Altern
Mit zunehmendem Alter verliert der Mensch an Muskelmasse und Muskelkraft, was zu Bewegungseinschränkungen und erhöhter Sturzgefahr führen kann. Dieser Verlust wird als Sarkopenie bezeichnet. Krafttraining ist eine effektive Methode, um diesem Prozess entgegenzuwirken und die körperliche Leistungsfähigkeit bis ins hohe Alter zu erhalten.

Ausdauertraining fördert die Gesundheit des Herz-Kreislauf-Systems und der Muskeln und trägt zur Verbesserung der allgemeinen Fitness bei. Es verbessert die Atmungs- und Herzfunktion und hilft, das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen zu senken.
Eine Kombination aus Kraft- und Ausdauertraining bietet somit die besten Ergebnisse, um körperliche Einschränkungen zu vermeiden und die Lebensqualität im Alter zu erhalten. Es ist nie zu spät, mit dem Training zu beginnen und auch Menschen im fortgeschrittenen Alter können durch regelmäßiges Krafttraining erhebliche gesundheitliche Vorteile erzielen.
Die richtige Dosis: Wie viel und wie oft sollte man Krafttraining betreiben?
Intensität und Regelmäßigkeit des Trainings sind entscheidend. Um nachhaltige Erfolge zu erzielen, ist es wichtig:
- Regelmäßig und ausreichend intensiv zu trainieren, um sowohl vorbeugende als auch gesundheitsfördernde Effekte zu erzielen. Experten empfehlen, mindestens dreimal pro Woche zu trainieren, wobei jede Trainingseinheit 30 bis 60 Minuten dauern sollte.
- Damit die spezifischen Bedürfnisse und Fähigkeiten berücksichtigt werden können, sind individualisierte Trainingspläne erforderlich. Das ist besonders wichtig für Menschen mit vorbestehenden gesundheitlichen Problemen und Einschränkungen, da sie spezielle Übungen benötigen, um Verletzungen zu vermeiden und für ihre Verhältnisse maximale Ergebnisse erzielen können.
- Ein ausgewogenes Training, das sowohl Kraft- als auch Ausdauerelemente umfasst, ist ideal, um einen maximalen Effekt zu erzielen und sollte dazu regelmäßig und über einen langen Zeitraum durchgeführt werden. Der Körper braucht Zeit, um sich an die Belastungen anzupassen und die gesundheitlichen Vorteile stellen sich oft erst nach mehreren Wochen oder Monaten ein.

Muskelbotenstoffe: Kleine Helfer für die Gesundheit
Die beim Krafttraining produzierten Botenstoffe tragen komplizierte Namen wie zum Beispiel Interleukin-6 (IL-6) und IGF-1 (Insulin-like Growth Factor-1) und spielen eine wichtige Rolle in der Kommunikation zwischen Muskeln und anderen Organen:
- IGF-1 fördert ebenfalls Neuroplastizität und Kognition. Im Alter kann es dazu beitragen, das Risiko für neurodegenerative Erkrankungen wie Alzheimer zu verringern.
- IL-6 hilft, Entzündungen zu reduzieren und den Stoffwechsel zu verbessern, was speziell bei Menschen mit chronischen Entzündungserkrankungen oder Diabetes wichtig ist. Dieser Botenstoff wird während des Trainings in großen Mengen produziert und hat eine schützende Wirkung auf den gesamten Organismus.
Fazit
Quellen
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