Nahrungsmittelunverträglichkeiten – wenn Essen krank macht

Nahrungsmittelunverträglichkeiten sind nicht selten und führen meist unmittelbar nach dem Essen zu Magen-Darm-Beschwerden.

Nahrungsmittelunverträglichkeiten – wenn Essen krank macht

Nahrungsmittelunverträglichkeiten sind ein Problem, das viele Menschen betrifft. Die Ursachen unterscheiden sich zum Teil erheblich, mal ist es ein Enzymmangel, mal stecken allergische Reaktionen dahinter. Eine sorgfältige Abklärung von Unverträglichkeiten ist daher erforderlich, damit die richtigen Behandlungsmaßnahmen in die Wege geleitet werden können.  In diesem Blogpost erfahren Sie die wichtigsten Aspekte von Nahrungsmittelunverträglichkeiten, Nahrungsmittelallergien, Laktoseintoleranz, Zöliakie und Glutenunverträglichkeit.

Unterschied zwischen Unverträglichkeiten und Allergien

Nahrungsmittelunverträglichkeiten und Nahrungsmittelallergien werden oft in einen Topf geworfen, obwohl zwischen Laktoseintoleranz, Zöliakie und Glutenunverträglichkeit bedeutende Unterschiede bestehen.

Nahrungsmittelunverträglichkeit

Eine Nahrungsmittelunverträglichkeit ist eine unerwünschte Reaktion auf bestimmte Nahrungsmittel, die durch verschiedene Mechanismen ausgelöst werden kann, aber nicht das Immunsystem betrifft. Zu den häufigsten Formen gehören Laktoseintoleranz (Milchzuckerunverträglichkeit) und Fruktosemalabsorption (Fruchtzuckerunverträglichkeit).

Nahrungsmittelallergien

Nahrungsmittelallergien hingegen sind immunvermittelte Reaktionen, bei denen das Immunsystem auf bestimmte Proteine in Lebensmitteln überreagiert. Dies kann zu Symptomen wie Urtikaria (Nesselsucht), Angioödemen (ödembedingte Anschwellung an Lippen, Augenlidern, Zunge und Rachen), Atembeschwerden oder sogar Anaphylaxie (lebensbedrohlicher allergischer Schock) führen. Bei Nahrungsmittelallergien spielt das Immunglobulin E eine zentrale Rolle, das bei Kontakt mit dem Allergen eine Kaskade von Immunreaktionen auslöst.

Laktoseintoleranz: Enzymmangel

Laktoseintoleranz ist eine der bekanntesten Nahrungsmittelunverträglichkeiten und betrifft bis zu 20 % der europäischen Bevölkerung. Sie entsteht durch einen Mangel an Laktase, dem Enzym, das für den Abbau von Laktose (Milchzucker) verantwortlich ist.  Laktose (Milchzucker) besteht aus Glukose und Galaktose. Um im Dünndarm absorbiert werden zu können, muss die Laktose durch das in der Dünndarmschleimhaut gebildete Enzym Laktase bei der Verdauung in ihre beiden Komponenten aufgespalten werden. Fehlt die Laktase oder wird zu wenig davon gebildet, kann Laktose nicht vollständig verdaut werden, was zu Symptomen wie Blähungen, Bauchschmerzen und Durchfall führt.

Unterschieden werden müssen also Laktose = Milchzucker und Laktase = Enzym, das den Milchzucker bei der Verdauung spaltet und an dem es bei der Laktoseintoleranz mangelt.

Zöliakie und Glutenunverträglichkeit

Zöliakie ist eine Autoimmunerkrankung, bei der das Immunsystem auf Gluten reagiert, ein Protein, das u.a. in einer Reihe von Getreidearten wie Weizen, Roggen und Gerste vorkommt. Die Folgen sind eine Schädigung der Darmschleimhaut, eine gestörte Nährstoffaufnahme sowie zahlreiche Symptome, die von Magen-Darm-Beschwerden bis hin zu systemischen Auswirkungen wie Müdigkeit und Anämie reichen können. Die Glutenunverträglichkeit, auch Nicht-Zöliakie-Gluten-Sensitivität genannt, umfasst ähnliche Symptome wie Zöliakie, jedoch ohne die autoimmune Schädigung des Darms.

Diagnostik von Nahrungsmittelunverträglichkeiten

Die Diagnistik einer Nahrungsmittelunverträglichkeit oder -allergie erfordert eine gute Zusammenarbeit zwischen Betroffenen und ihren behandelnden Ärzten. Betroffene können bereits gute Vorarbeit leisten, indem sie ein Ernährungstagebuch führen. Oder aber, sie testen eine Auslassdiät an, bei der sie zum Beispiel Milichprodukte eine Weile meiden und beobachten, ob die Beschwerden ausbleiben.

Anamnese und Ernährungstagebuch

Ein detailliertes Ernährungstagebuch kann helfen, Zusammenhänge zwischen dem Konsum bestimmter Lebensmittel und dem Auftreten von Symptomen zu erkennen. Patienten sollten über mehrere Wochen genau festhalten, was sie essen und welche Beschwerden auftreten.

H2-Atemtest und Laktose-Resorptionstest bei Laktoseintoleranz

Der H2-Atemtest ist ein Standardverfahren zur Diagnose von Laktoseintoleranz. Dabei wird eine Laktoselösung getrunken und anschließend der Wasserstoffgehalt in der Atemluft gemessen. Ein erhöhter Wert deutet darauf hin, dass Laktose im Darm nicht richtig abgebaut wird und stattdessen von Bakterien vergoren wird, was zu den typischen Symptomen führt.

Eine der häufigsten Nahrungsmittelunverträglichkeiten ist die Laktoseintoleranz. Sie kann mit einem H2-Atemtest nachgewiesen werden.

Beim Resorptionstest wird nach oraler Aufnahme von 50 Gramm Laktose (aufgelöst in Wasser oder Tee) die Blutzuckerkonzentration gemessen.  Bei normaler Aktivität der Laktase steigt der Blutzuckerspiegel um mehr als 20 Milligramm/Liter über dem Ausgangswert vor der Laktosezufuhr an. Ein geringere Anstiegt kann auf eine Laktoseintoleranz hinweisen.

Bluttest und Zwölffingerdarmspiegelung bei Zöliakie

Bei Verdacht auf Zöliakie wird im Serum nach Antikörpern gegen das Enzym Gewebstransglutaminase gesucht. Positive Antikörpertests und charakteristische Veränderungen der Zwölffingerdarmschleimhaut (Entnahme von winzigen Gewebeproben bei der Spiegelung) bestätigen die Diagnose.

Maßnahmen bei Nahrungsmittelunverträglichkeiten

Die Behandlung von Nahrungsmittelunverträglichkeiten zielt darauf ab, die auslösenden Nahrungsmittel zu identifizieren und zu vermeiden. Zusätzlich können bestimmte Enzympräparate oder Diäten helfen, die Symptome zu lindern.

Ernährungsumstellung bei Laktoseintoleranz

Bei Laktoseintoleranz kann die Reduktion laktosehaltiger Produkte in der Ernährung oder die Verwendung von laktasehaltigen Nahrungsergänzungsmitteln helfen. Eine Ernährungsberatung kann dabei unterstützen, eine ausgewogene und beschwerdefreie Ernährung zu finden.

Viele Patienten neigen instinktiv dazu, bei Laktoseintoleranz Milchprodukte komplett aus ihrer Ernährung zu streichen. Milch und Milchprodukte sind jedoch die wichtigsten Kalziumquellen und spielen eine entscheidende Rolle bei der Vorbeugung von Osteoporose. Der Verzicht auf diese Produkte führt daher häufig zu einer verringerten Kalziumaufnahme und kann langfristig zu einer verminderten Knochendichte führen.

Die Haupttherapie besteht darin, den Anteil von Milchzucker in der Ernährung auf ein verträgliches Maß zu reduzieren. Da die Restaktivität des Enzyms Laktase von Person zu Person unterschiedlich ist, variiert auch die Menge an Laktose, die beschwerdefrei toleriert werden kann.

Glutenfreie Diät bei Zöliakie

Die einzige wirksame Behandlung der Zöliakie ist eine lebenslange glutenfreie Diät. Betroffene müssen strikt auf alle glutenhaltigen Lebensmittel verzichten, um die Symptome zu kontrollieren und die Darmschleimhaut zu heilen. Dazu gehören u.a. Weizen, Dinkel, Roggen, Gerste, Grünkern, Bulgur und Couscous, Malzprodukte, handelsüblicher Hafer sowie alle Lebensmittel, die hieraus hergestellt werden oder auch nur geringe Mengen dieser Getreide enthalten wie z.B. Hartweizenpasta.

Ernährungsumstellung  bei Laktoseintoleranz und Zöliakie

Fazit

Nahrungsmittelunverträglichkeiten sind häufig und umfassen verschiedene Mechanismen.
Nahrungsmittelallergien sind immunvermittelte Reaktionen und können schwerwiegende Symptome verursachen.
Laktoseintoleranz entsteht durch einen Mangel an Laktase und führt zu gastrointestinalen Beschwerden.
Zöliakie ist eine autoimmune Reaktion auf Gluten, die zu einer Schädigung der Darmschleimhaut führt.
Glutenunverträglichkeit verursacht ähnliche Symptome wie Zöliakie, ohne die autoimmune Schädigung.
Eine genaue Diagnostik ist entscheidend, um die richtige Behandlung zu finden.
Ernährungsumstellung und Beratung sind zentrale Elemente der Therapie.

 

Quellen

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